NEWS LETTER Namibia - März 2002
Die Entstehung eines neuen Wildschutzgebietes
Viel guter Regen über der Wüste im Damaraland
Flutende Trockenflüsse in Namibias Norden
Die Hälfte der Reisegruppe, drei Mann, waren bereits einige Tage unterwegs,
als wir ebenfalls zu Dritt aus Windhoek auf der Farm Moesamoeroep, südwestlich
des Etoscha Nationalparks ankamen. Hier soll ein neues Schutzgebiet entstehen,
in dem das gefährdete Spitzmaulnashorn und andere Wildtiere in Zukunft eine
sichere Umgebung zum Überleben finden sollen. Bevor das erste Nashorn ankommt,
müssen geeignete Bedingungen geschaffen werden. Mehrere Privatpersonen haben
bereits vor Jahren damit begonnen, das von Rindern und Ziegen überweidete
Farmland zu kaufen und brach zu legen um der Vegetation eine Chance zu geben
sich zu erholen. Die guten Regenfälle dieser Saison lassen frisches Grün
spriessen und helfen das Graswachstum anzuregen und damit die Bedingungen zu
verbessern.
Zwischen den einzelnen Farmen wurden viele Kilometer Farmzaun entfernt um ein
einziges grosses Schutzgebiet zu schaffen in dem die Wildtiere frei umherziehen
können. Um das gesamte Gebiet müssen neue wildsichere Zäune errichtet werden.
Wenn alle Bedingungen erfüllt sind und die Regierung ihre Zustimmung erteilen
wird, kann dieses grossartige Projekt zum Schutz der Spitzmaulnashörner und
andere Wildtiere beginnen. Bis dahin sind noch viele ehrenamtliche
Arbeitsstunden und Investitionen nötig.
Anschliessend ging unsere Fahrt über Kamanjab und Palmwag in Richtung
Sesfontein. Dicke schwarze Regenwolken hingen über der Wüste im Damaraland.
Wir wagten es nicht, bei diesen Verhältnissen durch die Khowarib Schlucht mit
ihren langen Lehmabschnitten zu fahren. Ausserdem bestand die Gefahr, dass der
Ombonde Trockenfluss, der nach der Schlucht Hoanib Fluss heisst, "ab
kommt" (d.h. fliessen wird) und unsere Fahrzeuge stecken bleiben. Wir sahen
Springböcke die im frischen Grün grasten und übermütige Luftsprünge
vollführten. In grossen Teilen der Wüste hatte es seit Jahren nicht geregnet,
sodass viele Tiere zum ersten Mal in ihrem Dasein das grollen des Donners
hörten, zuckende Blitze sahen und Regentropfen auf ihren Fellen spürten. In
dieser Zeit verteilen sich die Springböcke, Oryxe sowie Wüstenelefanten und -Nashörner
weit über die Wüste, weil sie nicht mehr auf die spärlichen Wasserstellen
angewiesen sind.
Unser Camp für die Nacht schlugen wir in der Wüste auf. In allen Richtungen
standen pechschwarze Gewitterwolken in denen helle Blitze leuchteten. Wir
spannten eine grosse Plane zwischen die beiden Fahrzeuge um einen trockenen
Platz zum Kochen und Essen zu haben und leiser Regen prasselte über unseren
Köpfen, während im gusseisernen Dreibeintopf das Abendessen auf dem Lagerfeuer
köchelte. Letze Abendsonnenstrahlen färben die Wolkenbänke in tiefe
Orangetöne, eine prächtige Farbsymphonie beim Sundowner zum Ausklang des
Tages.
Frühmorgens brechen wir bei blauem Himmel auf, um uns interessante
Felsgravuren im unbekannten Sossos anzusehen. Zwei Schleiereulen fliegen aus den
Felsspalten davon. Immer wieder durchfahren wir vom laufenden Wasser
ausgespülte Trockenflüsschen. Im Hoanib fliesst Wasser und die ausgeschwemmten,
steilen Ufer erklettern unsere Geländefahrzeuge mit etlichen Mühen. In
Sesfontein tanken wir die Fahrzeuge auf und fahren auf einsamer ruppiger Piste
zur Giribes Vlakte, einer riesigen Ebene die von den attraktiven Bergen des
Kaokoveldes eingerahmt ist. Unterwegs sehen wir Oryx, Springböcke, Bergzebras
und Giraffen. Von einem Hügel aus hat man einen herrlichen rundum Blick und
kann die für diese Gegend bekannten "Fairy Circles", das sind runde
vegetationslose Flecken, deutlich erkennen.
Auf einer kleinen sandigen Fläche neben einem Felshügel schlagen wir unser
Lager auf. Während das Abendessen auf der Feuerstelle kocht beobachten wir mit
unseren Ferngläsern, wie Giraffen Blätter von den wenigen Büschen zupfen, wie
kämpfende Zebrahengste auf den Hängen toben und Adler im tiefblauen Himmel
über uns dahin gleiten. Überall spriesst frische Vegetation und hübsche
Blümchen blühen in allen Farben. Die sonst meist kahle Commiphora (Balsambusch)
ist dicht belaubt und gibt den Berghängen einen grünen Schimmer. Die Parkinsonia
afrikana, ein buschhoher Baum, der in kahlen trockenen Gebieten vorkommt,
ist herrlich grün und zum ersten Mal sehe ich kleine gelbe Blüten zwischen den
spindelförmigen Blättern leuchten. Wir haben das Glück die stachelige
Wüstenpflanze Hoodia currori in üppiger, rostroter Blütenpracht zu bestaunen
und zu fotografieren. Immer wieder schlagen wir die Bücher auf um Pflanzen zu
identifizieren die man nur nach guten Regenfällen blühen sieht. Die Wüste hat
unendlich viele Lebensformen zu bieten.
Die kommenden Tage fahren wir durchs landschaftlich schöne Kaokoveld und das
Damaraland. Die in dieser Einsamkeit ohnehin kaum existierenden Fahrspuren sind
durch die Regenfälle, die der Wüstenboden nicht so schnell aufnehmen konnte
unkenntlich geworden oder total weg gespült. Nur wer das Gelände wie seine
Hosentasche kennt kommt hier noch zum Ziel. Joe Walter, unser Namibischer
Reiseführer befährt und bewandert die einsamsten Gebiete des Landes bereits
seit über 25 Jahren und es gibt kaum ein Gebirgstal oder einen Trockenfluss
dessen Verlauf er nicht kennt. Nach vielen Stunden abenteuerliche Fahrt, in bis
zu 200 Meter breiten, steinigen Trockenflussläufen, die immer wieder erkennen
lassen, dass hier vor wenigen Tagen eine Meter hohe Wasserflut durch gerauscht
ist, streben wir unserem heutigem Tagesziel entgegen. Hinter einer Felsnase
stossen wir auf den Hoanib. Der Fluss führt Wasser. Auf ca. 60 Metern Breite
fliessen die rostfarbenen Fluten Richtung Atlantischer Ozean. Hier müssen wir
durch. Eine Brücke gibt es weit uns breit nicht. An vielen Stellen überprüft
Joe den Fluss um die beste Stelle für eine risikolose Durchfahrt zu finden.
Inzwischen essen wir unser Picknick Lunch im Schatten eines grossen Annabaumes
am Ufer. Dann fährt ein Fahrzeug nach dem anderen zügig durch das schnell
fliessende, knietiefe Wasser. Alle atmen auf als beide Fahrzeuge sicher am
anderen Ufer angekommen sind. Nun geht es in einem ebenso weglosen Flusstal auf
der anderen Seite hinauf. Hier wachsen wieder Mophane Bäume und immer wieder
treffen wir auf Oryx Antilopen. Auf den warmtönigen Hügeln des Damaralandes
schimmert das kurze, giftgrüne, frische Gras in der Nachmittagssonne. Der
Hunkab Fluss führt so viel glasklares, frisches Wasser, dass wir alle ein
ausgiebiges Bad nehmen können. Wir treffen auf die frische Spur eines
Wüstennashornes und besuchen einige abgelegene Wüstenquellen. Besonders
reichlich Wasser führt die Tamarisk Quelle. Immer wieder geniessen wir
herrliche Weitblicke in die Wüste mit den wohlgeformten Etendeka Bergen in
verschiedenen Farbnuancen.
Nachts in der Wüste steht ein klarer, brillanter Sternenhimmel über uns mit
Millionen Sternen der Milchstrasse, dem Kreuz des Südens, den Sternbildern
Orion, Stier, Zwillingen, Rabe, der Magelanschen Wolke und den Planeten Jupiter,
Saturn und Mars. Hyänen ziehen am Camp vorbei und gehen auf nächtlichen
Beutezug. Die Rufe von Geckos, Fröschen und Nachtvögeln begleiten unseren
Schlaf.
Wir fahren ein Stück dem Aub und Barab Fluss entlang bis ein frisch
angespültes, tiefes Lehmbecken uns am Weiterkommen hindert. Unser Lager
errichten wir mit Blick auf die Urunendisspitze, der Barabspitze und Ecke mit
seinem kantigen Gipfel. Am folgende Tag erreichen wir Palmwag nachdem wir im
Felsbecken des Khawakab eine erfrischende Runde geschwommen sind. Es ist eine
ausserordentliche Besonderheit in der Wüste schwimmen zu können und nur
möglich wenn man weiss wo sich das Wasser in tiefen Kolken sammelt. Am
Nachmittag haben sich ringsum schwarze Gewitter aufgereiht und in verschiedenen
Richtungen fallen dunkelgraue Regenschleier auf den durstigen Boden. Wir haben
das Glück inmitten dieses Spektakels im Trockenen zu sitzen und einen
gigantischen, farbenprächtigen Sonnenuntergang zu erleben. Spätabends hört
man ein fernes unerklärliches Rauschen. Was ist das? Die Einheimischen wissen,
der Unjab Trockenfluss "kommt ab" (fängt an zu fliessen). Das müssen
wir sehen. Und so stehen wir erwartungsvoll am Ufer des trockenen Flusses und
lauschen gespannt in die Nacht. Das Rauschen klingt ganz nah und unsere
Taschenlampen leuchten Flussaufwärts. Nichts geschieht. Nach endlos
erscheinenden Minuten kommt plötzlich die Flutwelle an und im Nu ist der Unjab
zu einem mehrere Meter breiten, reissenden Bach angeschwollen. Das Wasser
rauscht die ganze Nacht an unserem Zeltlager vorbei und am Morgen läuft das
Flüsschen immer noch kräftig.
Mit dem Fahrzeug und einem Führer des "Save the Rhino Trust"
unternehmen wir eine Fahrt in die Bergtäler um nach Wüstennashörnern Ausschau
zu halten. Nach gut zwei Stunden wird ein Nashornbulle von den drei Spähern
gesichtet. Nun geht's zu Fuss weiter. Wir schleichen uns dicht an das
Spitzmaulnashorn heran, dass sich kurz zuvor im Matsch gewälzt hat und sich nun
genüsslich an einem Baum scheuert.
Die Hauptstrasse nach Twyfelfontein ist an vielen Stellen von den
nächtlichen Regenfluten fort gespült worden. Das Wasser ist zwar abgelaufen
aber selbst mit unserm Geländewagen ist die Fahrt nicht einfach und wir kommen
nur langsam vorwärts. Der breite Huab Fluss fliesst noch und muss durchfahren
werden. Ohne Zwischenfälle erreichen wir das andere Ufer. Wir werden
entschädigt durch tolle Wolkenstimmungen am tiefblauen Himmel und grünen
Hängen mit grasenden Springböcken und Oryxantilopen. Ab und zu laufen Strausse
parallel mit unserem Fahrzeug. Das Wetter ist wunderschön und sehr heiss und
schwül.
Nach der Besichtigung einiger Felsgravuren abseits vom Touristenrummel bei
Twyfelfontein, schlagen wir unser Zeltlager auf einem einsamen Plateau mit Blick
auf den Doroskrater und dem Brandberg auf. Die Abendstimmung ist perfekt und nur
hinter der nächsten Bergkette flackert Wetterleuchten. Während der Nacht
erreicht uns eine Regenwolke. Aber im trockenen Zelt schläft es sich gut unter
prasselnden Tropfen.
Unsere heutige Fahrt führt uns durch Buschland, einem breiten Flussbett
entlang, an wilden Felsschluchten vorbei, über grüne weite Flächen und
rotsandige Dünen. Der Land Rover klettert langsam und zuverlässig steile,
steinige Hänge hinauf und hinab. Wir geniessen herrliche Ausblicke auf die
zerrissenen Berge und das Brandberg Massiv. Dann versperrt uns der Ugab Fluss
den Weg. Es ist unmöglich das hundert Meter breite, nasse, lehmige Flussbett
irgendwo zu durchfahren. Über Farmland erreichen wir die Schotterstrasse und
überqueren den Ugab auf der einspurigen Brücke. Unsere letzte Wildnisnacht
verbringen wir beim ununterbrochenen Gesang einer Lerche.
Unsere Gäste verbringen ihre verbleibenden Ferientage auf einer Gästefarm
und für uns heisst es zurück nach Windhoek fahren, die Fahrzeuge und
Ausrüstung säubern und Vorbereitungen treffen für die nächsten Touren im
April.
Wir werden mit zwei verschiedenen Gruppen, Anfang April und Mitte April den
Brandberg besteigen und die vielen kunstvollen Felszeichnungen früherer
Bewohner ansehen. Da wir anschliessend nur kurz nach Windhoek zurückkehren,
hoffe ich mich wenigstens mit einen kurzen Erlebnis Bericht zu melden.
Bis dahin, herzliche Grüsse von
Uschi Kirchner - Exclusiv Safaris und
Joe Walter - Damaraland Trails & Tours