NEWS LETTER Namibia - April 2002

BRANDBERG - Höchster Berg Namibias">

NEWS LETTER Namibia - April 2002

BRANDBERG - Höchster Berg Namibias, 2'574 m
12 Tage & 7 Tage Wanderungen

Am Ostermontag, 1. April 2002, starten wir mit zwei Land Rovern und sechs Personen von Windhoek über Okahandja, Wilhelmstal, Omaruru und der Mienenstadt Uis zum Brandberg. Am Fusse der Ga-aseb Schlucht schlagen wir unser Camp auf und die Ausrüstung für 11 Übernachtungen und 12 Tage wird auf sechs Rucksäcke verteilt, z.B. Wasserflaschen, pro Tag 3,5 Kg. Lebensmittel, Gaskocher mit Windschutz und Alukochgeschirre, Becher, Löffel, Schlafmatten und Daunenschlafsäcke, eben das Nötigste für unsere Bergtour. Dann kann jeder seine persönliche Bekleidung, Sonnen- und Insektenschutz, Mineraldrinks und Fotomaterial aufladen. Zum Schluss stehen sechs grosse, schwere Rucksäcke für den nächsten Morgen bereit. Jeder überlegt noch mal, ob er nicht noch ein oder zwei Dinge im Tal lassen soll um ein paar Gramm weniger tragen zu müssen.

Im gusseisernen Dreibeintopf schmort inzwischen unser Abendessen auf dem Feuer. Zum letzten Mal für 12 Tage geniessen wir kühles Bier und Rotwein zu unserer Mahlzeit, sowie ein weiches Nachtlager auf komfortablen Bettrollen mit dicken Schaumstoffmatratzen.

Nachts umschwirren Moskitos unsere Köpfe und bellende Nachtgeckos äussern ihren Unmut lautstark über unsere Anwesenheit in ihrem Revier.

Morgens um 04h30 stehen wir auf. Zum Frühstück gibt es Müsli und heissen Tee. Dann werden die Land Rover mit der zurückbleibenden Ausrüstung gepackt und die Solarpaneele für die Versorgung des Kühlschrankes und der Gefriertruhe angeschlossen. Hoffentlich geht technisch nichts schief. Wir wollen ja schliesslich in 12 Tagen, frisches Fleisch und kühle Getränke vorfinden.

Gegen 05h30 zeigt sich am Horizont ein erster heller Streifen. Sechs Gestalten mit schweren Rucksäcken stapften im halbdunklen am Fusse des Brandberges los. Unser Führer, Joe Walter, von Damaraland Trails und Tours, steigt heuer das 33. Jahr auf den Brandberg. Er kennt das 30 Km lange und 20 Km breite, einsame Brandberg Massiv und seine verborgenen Wasserstellen wie kaum ein anderer. Er hat viele der uralten Felszeichnungen selber entdeckt und verfügt über grosse Kenntnisse der vielseitigen Flora.

Auf einem Zebrapfad laufen wir im Gänsemarsch die Schlucht entlang. Beim überqueren der ersten dicken Felsbrocken spürten wir wie unsere schweren Rucksäcke uns aus der Balance bringen. Schweissperlen stehen uns auf der Stirn und kurze Zeit später am ganzen Körper. Puhh..., und das ist nur der Anfang, die Sonne erreicht uns erst in ca. zwei Stunden und der wirklich steile Anstieg kommt noch.

Wir klettern über grosse Felsblöcke einem trockenen Bachbett mit herrlichen Brandbergakazien und Moringabäumen entlang und anschliessend auf losem Geröll hoch zu den ersten schwarzen Vorhügeln. Eine weissrindige Sterculia africana (Sternkastanie) ist besonders schön gewachsen. Es ist schwül und wir sind Schweiss gebadet. Immer wieder müssen wir halt machen und die schweren Rucksäcke auf einem Felsblock absetzen um unsere schmerzenden Rücken für kurze Zeit zu entlasten und aus unseren Wasserflaschen zu trinken. Wer auf den Brandberg will muss alles selber schleppen. Hier gibt es noch keinen Massentourismus mit Unmengen von Trägern und Dienern, die verwöhnten Touristen die Lasten tragen. Wer den Brandberg ersteigen will, muss sich den Lohn der herrlichen Bergwelt, endlose Aussichten in die weite Wüste und hoch interessante Felskunst, selber verdienen. Es ist zu hoffen, dass dies zum Schutz des empfindlichen Ökosystems für immer so bleiben wird.

Noch einmal müssen dicke Granitblöcke überschritten werden bevor es auf grossen, glatten Platten steil bergan geht. Inzwischen brennt die Sonne unerbittlich auf uns nieder. Gegen Mittag findet Joe Wasser und wir können unsere Wasserflaschen auffüllen. Im Brandberg hatte es im März gut geregnet und deshalb ist für namibische Verhältnisse ungewöhnlich viel Wasser im Berg zu finden. Ab Juni / Juli sieht es anders aus und es müssen mehr Wasservorräte mit getragen werden. Später im Jahr findet man kaum noch Wasser im Brandberg und deshalb sind dann Wanderungen nur eingeschränkt möglich.

Im Schatten eines riesigen Felsblocks essen wir unsere Kerne- und Früchteriegel zum Lunch. Im Berg braucht man Essen, das den Magen wenig belastet und dem Körper trotzdem Energie gibt. Mit Mineralbrausetabletten im Trinkwasser gleichen wir unsere Elektrolyt Verluste im Körper aus. Unweit unseres Rastplatzes gibt es die ersten Felszeichnungen anzusehen.

Bis zur nächsten zuverlässigen Wasserstelle ist es noch weit und wir entschliessen uns in einer mittelgrossen, sandigen Nische etwas weiter oben, die Nacht zu verbringen.

Vorher steigen wir jedoch ohne die Rucksäcke zur "Höhle der Regengiraffe" hinauf. Die Regengiraffe gehört meiner Meinung nach zu den schönsten Felszeichnungen im Brandberg und ich hatte bereits vor zwei Jahren das Privileg dieses Kunstwerk zu bestaunen. Jeder der diese Felszeichnung sieht, die eine Giraffe mit dem Kopf in einer Regenwolke darstellt und drei reich geschmückte, edel aussehende Personen die auf die Giraffe zugehen, versinkt in Ehrfurcht. Schliesslich gibt es über die Darstellungen nur unbestätigte Vermutungen und hinter jeder dieser Vermutungen steht ein grosses Fragezeichen ob es wirklich so gewesen sein könnte.

Man weiss wenig über die Künstler, ihr Leben, ihre Motivationen. Man weiss jedoch, dass viele der Brandberg Felszeichnungen einige Tausend Jahre alt sind.

Die Felszeichung der Regengiraffe und andere Felszeichnungen sind in meinem Homepage www.safarisuk.ch unter ALLGEMEINES, Bilder Felszeichnungen, zu sehen.
Wer mehr Einzelheiten über Felszeichnungen im Brandberg erfahren möchte, kann bei uns Literatur Hinweise erhalten.

Für uns ist die erste Nacht im Berg ungewohnt. Wir sind nicht daran gewöhnt mit so wenig Unterlage auf hartem Boden zu schlafen. Die Webpelzjacken und Rucksäcke werden als Kopfkissen umfunktioniert und X-mal pro Nacht umgelegt um eine bequemere Position zu schaffen. Am Morgen klagen wir über schmerzende Glieder.....

Nach einem Müsli Frühstück, "Bergmamf" genannt und einigen heissen Tassen Tee sind wir alle zu neuen Taten bereit und steigen guter Laune langsam und stetig die steilen Felsplatten unter dem Orabeskopf empor. Nach einem langen Quergang und einer Mittagsrast erreichen wir den Sattel mit einer herrlichen Weitsicht in die umliegende Wüste und verschieden geformten Hügeln und Bergmassiven. Am Horizont erblicken wir die Spitzkoppe, das Matterhorn Namibias.

Nun geht's ins Innere des Berges. Vorher wird noch ein dicker Steinbrocken auf den "Heitse Eibib" geworfen um Unheil von unserer Gruppe fern zu halten. Einer alten Sage zufolge, wurde von den Urwölkern, der für Schabernack, Streiche und Unglücke verantwortliche Bergschrat, Heitse Eibib, unter einem grossen Steinhaufen begraben um ihn an seinen Umtrieben zu hindern. Überall im Lande trifft man auf diese "Heitse Eibib" Steinhaufen. Jeder Reisende wirft im vorbeigehen einen Stein auf den Haufen, damit der "Heitse Eibib" auf keinen Fall entwischen kann.

Am Nachmittag erreichen wir unser Tagesziel Longipoolis. Welch ein Paradies. Im Gegensatz zu vor zwei Jahren, wo es nur einen kleinen Felsspalt mit Wasser gab, gibt es dieses Jahr überall grosse Pools, fliessende Bäche und Rinnsale. Hunderte von Kaulquappen bevölkern mit giftgrünen Algen umrandete Tümpel. Minifröschchen hüpfen umher und Schwalben und andere Vögel fliegen über die Wasseroberfläche. Zum Abendessen sitzen wir auf den sonnenwarmen Felsplatten und beobachten wie ein Stern nach dem anderen den Abendhimmel erleuchtet. Fledermäuse machen jagt auf Insekten.

Am Vormittag zeigt uns Joe verschiedene Felszeichnungen, teils in Höhlen und teilweise an den Wänden von grossen Felsblöcken. Hunderte von Blumen blühen in Gelb, Blau und Lila. Besonders fotogen ist die kugelförmige Euphorbia monteiroi ssp. brandbergensis, die ab ca. 2000 m Höhe wächst und die grossblätterigen Butterbäume mit ihren hell beige farbenen, dicken Stämmen. Wir folgen dem Wasserlauf mit vielen klaren Tümpeln, glänzend gewaschenen Felsplatten und bizarren Felsformationen. Joe hat seit Beginn der 70ger Jahren nicht so viel Wasser im Brandberg gesehen.

Anschliessend laufen wir mit unseren Rücksäcken zur Wasserfallfläche. In der Wasserfallhöhle fotografieren wir Felszeichnungen und nehmen unterm plätschernden Wasserfall eine Dusche (ohne Seife und Shampoo versteht sich um die Umwelt nicht zu belasten).

Eigentlich wollten wir in der geräumigen Wasserfallhöhle übernachten, jedoch erscheint uns die Terrasse 50 Meter oberhalb der Höhle mit ihren weichen Sandbetten viel attraktiver. Von dort haben wir eine herrliche Aussicht auf die Wüste und die Berge des Messum Kraters sowie auf weite Felsplatten mit gigantischen runden Granitblöcken.

Am Morgen steht eine Nebelwand vom Atlantik bis zum Messumkrater tief unter uns. Unsere Hochzeitsreisenden finden Nahe an ihrem Nachtlager frische Wildkatzenspuren im Sand. Über uns lädt ein tiefblauer Himmel zum Weitermarsch ein, vorbei an vielen einladenden, klaren Wasserbecken, zur Schlangenhöhle. Die Schlangenhöhle wurde 1971 von Joe entdeckt und beherbergt eine Unmenge interessanter und rätselhafter Felszeichnungen.

Über üppige Wiesen, die mit einem Teppich gelber Blumen übersät sind, erreichen wir unseren Übernachtungsplatz am Fusse des Königstein. Ohne die Rücksäcke unternehmen wir eine Wanderung am Aigub entlang und besuchen die aussergewöhnlichen Felszeichnungen der Aigub- oder Chamäleon Männchen.

Frühmorgens besteigen wir den Königstein, den höchsten Gipfel Namibias, 2574 m, mit einer weiten Aussicht auf die umliegende Wüste und Seitentäler des Brandberges. Vom Eintrag im Gipfelbuch erfahren wir, wer seit unserer letzten Besteigung noch den Gipfel besucht hat.

Mit der Besteigung des Königstein endet für die meisten Wanderer das Bergerlebnis. Wir haben jedoch noch eine ganze Woche zur Verfügung und wandern weiter in den sehr einsamen und schönen Nordbrandberg. Es geht bergauf und bergab und Berghänge müssen gequert werden. Wir überblicken die Umuab Fläche und das Nuvuarib Tal und erreichen den Mason Shelter, eine Höhle mit einer grossen Wasserstelle und vielen Felszeichnungen. Unweit davon befindet sich ein grosse Granitformation, die Bildergalerie genannt, mit lohnenden Felszeichnungen.

Frühmorgens steigen wir über steile Felsplatten hoch zu einem Aussichtspunkt mit Blick auf die zerrissenen Berge tief unten am Fusse des Brandberges. Wir überqueren kleine üppig bewachsene Flächen und balancieren über grosse Felsblöcke. Wir bewundern Köcherbäume, blühende Aloen, die skurrile Brandbergkohlrabi und Raritäten wie Lithops. Atemberaubende Blicke ins Tal lassen uns staunend und schweigend verweilen. In der Hungerob Mulde übernachten wir auf einer Sandbank neben einem fliessenden Bächlein. Joe führt uns zu aussergewöhnlich schönen Felszeichungen. Wir sehen Berghasen mit buschigen dunklen Schwänzen und Klippspringer Familien behände von Fels zu Fels springen. Blühende Buschmannkerzen säumen unseren Weg zurück zur Wasserfallfläche und Longipoolis. In den Wasserbecken kühlen wir unsere heiss gelaufenen Füsse. Dunkle Wolken ziehen drohend über unsere Nachtlager aber kein Regentropfen fällt.

Da wir in einer Woche mit einer neuen Gruppe wieder den Brandberg ersteigen werden, lassen wir Schlafmatten, Schlafsäcke, Kocher und Kochgeschirre in einer Höhle zurück. Mit weniger Gepäck wird der Aufstieg für die nächste Tour leichter.

Mit schmerzenden Knien und Muskeln aber um viele schöne Bergerlebnisse reicher kommen wir ins Basiscamp am Fusse des Berges zurück. Die Gefrier- und Kühlschränke haben funktioniert und mit einem herrlichen Abendessen, mit Rinderfilet in Sahnesosse und kühlen Getränken feiern wir unsere heile Rückkehr. Heitse Eibib hat uns keinen Streich gespielt und Dank Joe's guter Bergerfahrung sind alle glücklich und mit heilen Knochen zurück gekommen.

Eine Woche später steigen wir mit neu angereisten Gästen zu sechst die Ga-aseb Schlucht hinauf. Ohne das zusätzliche Gepäck kommen wir rasch voran. Ein kühles Lüftchen und einige kleine Regenschauer machen die Temperatur und den Aufstieg angenehm. Überall im Fels bilden sich kleine Pfützen mit willkommenem Trinkwasser.

Wir besteigen den Orabeskopf, der eine weite Aussicht bietet. Vorbei am Helm, mit schönem Blick in die Zisabschlucht wandern wir zum Aigub. Am Fusse des Aigub liegt eine Höhle mit den besten Giraffen Felszeichnungen im Brandberg, die wir besichtigen. Über die Zeichnungen der Aigub- bzw. Chamäleon Männchen und einer Elefantenjagd Szene geht's weiter über die oberen und unteren Kaskaden. Der Abstieg ist schwierig und dauert lange weil zu viel Wasser das Numas Revier hinunter plätschert und wir immer wieder grossen Becken ausweichen müssen. Der Katarakt hat ebenfalls viel Wasser und glitzert so einladend in der Sonne, dass wir am liebsten verweilen möchten. Gibt es doch in 20-30 Jahren nur einmal die Gelegenheit diese Gegend bei so idealen Bedingungen und so einem Wasserreichtum zu sehen.

Über die Silberweide erreichen wir die Riesenhöhle, eine geräumige Höhle mit einer Unmenge herrlicher Felszeichnungen. Der Höhepunkt kommt zum Schluss. Ganz oben an der Amisschlucht liegt die Lufthöhle in wahrlich "luftiger" Position und einer atemberaubenden Aussicht. Die halbrunde Felsenhöhle ist mit aussergewöhnlichen Zeichnungen, ganzen Herden von Zebras, Oryxen, Springböcken und geheimnisvollen Menschen verziert.

Von hier beginnt unser langer und steile Abstieg durch die Amisschlucht, an deren Fuss wir ein zweites Fahrzeug für die Rückkehr zu unserem Basiscamp an der Ga-aseb abgestellt hatten.

Morgen früh verlassen Joe und ich Windhoek zu einer knapp 4-wöchigen Tour ins Kaokoland.
Mit unserem Bericht melden wir uns Anfang Juni 2002.

Bis dahin, beste Grüsse von Uschi Kirchner - Exclusiv Safaris
und Joe Walter - Damaraland Trails and Tours (Pty) Ltd