“Wunderbare
Wüste“ - Namibia im September 2004
Newsletter von Uschi Kirchner, Exclusiv Safaris Schweiz und Joe Walter, Namibia
Zum letzten Mal in diesem
Jahr versenden wir unseren Erlebnisbericht, denn am 30. September 2004 beginnen
wir in Windhoek unsere 4 Monate lang dauernde Expeditionsreise durch Zambia,
Malawi, Tansania, Kenia und Äthiopien. Geplante Rückankunft in Namibia ist der
30. Januar 2005.
Vom
30.9.2004 bis zum 31.1.2005 werden unsere E-Mails durch Herrn Fred Wenger,
Geschäftsführer von Exclusiv Safaris Schweiz, beantwortet. Sie können bei Herrn
Wenger auch Termine für individuelle Botswana Touren ab März 2005 und
für 2006, vorreservieren lassen. Um die
Detailplanung kümmern wir uns persönlich nach unserer Rückkehr ab Februar 2005.
Wir bitten für diese Regelung um Verständnis.
Unsere aktuellen Reiseprogramme, Infos und Preise für Reisen in 2005, finden Sie
ab sofort auf unserer Homepage:
www.safarisuk.ch.
Verweilen und die Natur geniessen
Nun zum
Bericht über unsere Wüstentour in der ersten September Hälfte 2004: Wir
verlassen Windhoek ohne feste Terminplanung. Unser Ziel ist es, viel Zeit in der
Einsamkeit der weiten Wüste an der Nordseite des Brandberg, in den Mikbergen und
im Damaraland zu verbringen ohne am Abend ein bestimmtes Ziel erreichen zu
müssen. Wir wollen oft zu Fuss gehen, Neues entdecken, Wildtiere beobachten,
verweilen und die Natur geniessen.
Auf unserer Fahrt nach Nordwesten, blühen am Strassenrand Akazien-, Wurmrinden-,
und Hirtenbäume. Hellrot leuchtet der Flügelfruchtstrauch. In Namibia ist jetzt
Frühling.
Am Spätnachmittag lassen wir den ehemaligen Mienenort Uis und die Zivilisation
hinter uns zurück. Wir überqueren den Ugab Trockenfluss. Weit draussen in freier
Natur, sitzen wir am flackernden Campfeuer und schauen hinauf zu den Sternen.
Absolute Stille umgibt uns. Wir schlafen im Freien. Die Luft ist kühl und klar.
Während der Morgenstern verblasst, kündigt ein heller Schein am Osthimmel den
neuen Tag an. Im ersten Dämmerlicht sind wir unterwegs und besteigen Hügel und
Kuppen nördlich vom Brandberg Massiv. Lange, dunkle Schatten liegen auf den
zerklüfteten Tälern der zerrissenen Berge zu unseren Füssen. Wir lesen Spuren im
roten Dünensand zwischen goldgelben Grasbüscheln. Während der Nacht waren hier
Hasen, Mäuse und Käfer aktiv. Feine, halbkreisförmige Einkerbungen im Sand
zeigen den Falltürenbau einer besonderen Spinnenart an. Ausgetrocknete
Samenkapseln der Teufelskralle bilden ein bizarr verflochtenes Muster. Aus den
filigranen Zweigen der Parkinsonia africana spriessen winzige, leuchtend
gelbe Blüten hervor. Der Stinkbusch, Boscia foetida, ist in voller
Blütenpracht und verströmt seinen penetranten Duft. Schnell weicht die kühle
Morgenfrische der Kraft der unbarmherzig brennenden Sonne.
Oben auf einer Passhöhe breitet sich vor unseren Augen die herrlichste Aussicht
aus, die man sich vorstellen kann. Wir durchfahren breite Täler und sehen
Springböcke und Oryxantilopen auf der mit goldgelbem Gras bewachsenen Fläche
grasen. Eine Bergzebrafamilie blickt neugierig von einem Berghang zu uns
herüber. Strausse laufen mit wippendem Gefieder und verschwinden in der Ferne.
Im sandigen Flussbett des Goantagab ragen steile Felswände zu beiden Seiten
empor. Nach und nach wird der Flusslauf weiter und Mopanebusch breitet sich aus.
Wir entdecken Nashornspuren an mehreren Stellen. Eine künstliche Wassertränke
für Wildtiere finden wir trocken. Die Solarpumpe ist defekt. (Wir melden den
Schaden, jedoch niemand will sich darum kümmern. Die Zuständigkeit wird immer
auf „einen Anderen“ geschoben). Zahlreiche Spuren im Staub zeugen davon, dass
sich viel Wild in der Gegend aufhält, dass auf die Wasserstelle angewiesen ist.
Zwei Ohrengeier fliegen bei unserem näher kommen auf.
Was treibt den Löwen in die Wüste?
Auf
unserer Weiterfahrt in die Mikberge fallen uns mehrfach Löwenspuren auf.
Erstaunlich, denn in dieser sehr trockenen, relativ wildarmen Gegend sind wir
seit Jahren nie auf Löwenfährten gestossen. Wir stoppen, um touristisch
unbekannte Felsgravuren und Felszeichnungen anzusehen. Auch hier ist der
Wüstenboden voll dicker Löwenspuren und die Überreste eines gerissenen Strausses
liegen im Geröll. Wir halten unsere Augen offen.
Wir verlassen das Seitental und fahren weiter Richtung Huab Fluss. Vermehrt
führen Elefantenspuren ins Tal hinab. Oryxantilopen stehen unter den wenigen
Akazienbäumen im Schatten. Als der Huab in Sicht kommt sehen wir riesige
Staubfahnen, die der Westwind durch das breite Flusstal weht. Nichts wie weg,
denken wir und flüchten weiter bergauf in einen Taleinschnitt. Vor einer steil
empor ragenden Felswand finden wir sandigen, flachen Boden für unser Camp. Eine
grosse Pfanne Spaghetti mit Meeresfrüchten gibt es zum Abendessen. Wir sind uns
einig, 12 Volt Kühlschränke sind eine fantastische Bereicherung für
Campingreisen.
Vor Sonnenaufgang ersteigen wir einen felsigen Hügel und blicken hinab auf
Nebelfelder über dem Huab Trockenfluss. Die ersten Sonnenstrahlen berühren die
Gipfel und färben sie rötlich. In den Bergen klettern wir einige Stunden lang an
einem Hang mit riesigen Felsbrocken herum. Auf vielen Sandsteinblöcken sind
Felsgravuren eingemeisselt, hauptsächlich Giraffen und Nashörner aber auch
andere Tiere. Da diese Gravuren schwer- und nur zu Fuss zugänglich sind,
fotografieren wir die schönsten Exemplare mit der Digitalkamera. Wir entdecken
auch Steinkreise und Lehmtopfscherben von Gefässen, wie sie das Damara Volk
Anfang des 19. Jahrhunderts benützt hat. Auf eifrig begangenen Wildpfaden finden
wir wiederholt relativ frische Löwenspuren. Also auch hier in diesem äusserst
entlegenen Tal treiben sich manchmal Löwen herum. Wir sind angenehm überrascht
darüber, dass sich Wildtiere in diesem Gebiet wieder vermehren und ausbreiten.
In Zukunft werden wir jedoch auf unseren einsamen Fussmärschen noch mehr auf der
Hut sein. Wir sind sehr zufrieden und froh darüber, dass es in Namibia noch
Gegenden gibt, die frei zugänglich sind und wo man tagelang keiner Menschenseele
begegnet. Man kann den Blick endlos schweifen lassen und sich erfreuen, an den
Linien, Formen und Stimmungen der Landschaft sowie an den verschiedenen Nuancen
von Braun-, Grau-, Ocker-, Lila- und Rottönen die die Wüste prächtig aussehen
lassen.
Wüstenwanderung
Unser
heutiger Lagerplatz liegt auf einer offenen Fläche ohne Schutz vor dem Wind. An
einem mickerigen Bäumchen vertäuen wir unser Schattendach, das wir vom
Autodachträger ausrollen können. Der Wind bläst stetig und kühl. Zum Feuer
machen heben wir im sandigen Boden ein Loch aus. In dieser windgeschützten Grube
kochen wir im gusseisernen Dreibeintopf unser Hühnchen mit Reis und Gemüse. Zum
Abendessen sitzen wir im Windschatten vom Land Rover. Hochnebel zieht auf. Die
Luft wird feucht und wir spannen Überdächer über unsere Zelte. Grosse Spinnen
mit einem schwarzen Punkt auf dem Körper erscheinen und sind interessant zu
betrachten und werden selbstverständlich fotografiert. Ihren Namen kennen wir
nicht. Wir gehen früh schlafen, damit wir fit sind für eine ganztägige Wanderung
durch herrliche Wüstenlandschaft.
In einem Tagesrucksack nehmen wir das Nötigste mit, wie eine Wasserflasche, ein
paar Früchteriegel und ein wenig frisches Obst. Dann marschieren wir in die
weite, karge Landschaft mit herrlicher rundum Aussicht. Die Farben und Formen
des Gesteins machen die Pracht dieser Wüste aus. Nur vereinzelt sehen wir kleine
Pflänzchen und überraschender Weise, wenn man genau hinsieht, entdeckt man
winzige Blättchen und manchmal sogar ein oder zwei Blüten. Hier hat es schon
seit vielen, vielen Jahren nicht mehr geregnet obwohl wir über grosse Spülrinnen
wandern, die beweisen, dass hier reissende Fluten abgehen wenn es einmal regnet.
Das kommt aber sehr selten vor. Das Gebiet ist geologisch interessant. Hier gibt
es alle möglichen Gesteinsarten wild durcheinander. Dunkles, verbranntes,
blasenförmiges Gestein lässt erahnen, dass hier die Erdmassen vor langer Zeit
gekocht und gebrodelt haben, explodiert und geflossen sind.
Es herrscht sengende Hitze aber zum Glück weht eine Briese Westwind der uns ein
wenig erfrischt. Wir laufen mit Hut und langärmeligen Blusen und Hemden zum
Schutz vor der brennenden Sonne. Es gibt nirgends Schatten. Mittags setzen wir
uns auf eine kleine Anhöhe wo wir ein wenig den Wind spüren und trinken etwas
Wasser. Dann geht es weiter. Manchmal läuft jeder seiner eigenen Nase nach aber
in dieser Weite können wir uns nicht aus den Augen verlieren.
Wilde Landschaften mit versteckten Quellen
Wir fahren weiter zum grossen
Trockenfluss. Der Wind und Staub ist nicht ganz so schlimm wie vor zwei Tagen.
In einem Schilfstück finden wir fliessendes Wasser und wir füllen alle unsere
Kanister auf. Heute Abend können wir duschen. Wasservögel wie Kiebitze, Enten
und Nilgänse halten sich hier auf. Auch einige Dreibandregenpfeifer picken am
sandigen Ufer. Wüstenelefanten finden wir keine aber immer wieder stossen wir
auf Gruppen Oryxantilopen und Zebras. Wir überqueren das Flussbett und erreichen
wildes, sehr steiniges, steiles Gelände. Wir fahren sehr langsam. Unter einer
skurrilen Standsteinformation sickert eine winzige Quelle hervor, die Joe vor
vielen Jahren einmal entdeckt hat. Wir suchen Schutz für die Nacht im
Windschatten eines riesigen Felsblockes. Schwalben und Bergschmätzer zwitschern
lautstark hoch oben über uns in der Felswand. Ein weiterer Tag in langsamer
Fahrt durch steiniges Gelände führt uns hinauf in eine entlegene Bergschlucht.
Unterwegs beobachten wir Oryx und Kudubullen mit beeindruckendem Gehörn. Am Ende
der Schlucht erwartet uns ein Felsabbruch von dem frisches, klares Wasser herab
plätschert. Wir trinken vom kostbaren, sauberen Wüstenwasser. Joes Tochter war
von dieser Stelle als Kind sehr beeindruckt und sie wünschte sich hierher zurück
zu kehren. Diesen Wunsch hat Joe ihr heute erfüllt und wir alle verbringen
glückliche Stunden an diesem einsamen, zauberhaften Ort. Während einer Wanderung
finden wir unzählige Tierspuren, darunter Nashornspuren - ein weiteres,
wunderschönes Gebiet, ohne berühmte Sehenswürdigkeiten, wo kaum Menschen
hinkommen und das Wild noch ungestört lebt. Beim verlassen des Tales verwischen
wir sorgfältig unsere Reifenspuren, damit dieser Platz so unberührt bleibt wie
er ist.
Ein überraschender nächtlicher Besucher
Nach
langsamer Fahrt durch steinige Berge erreichen wir das Springbok Revier.
Bergzebras, Oryxantilopen, Strausse, Springböcke und Giraffen bevölkern den
bewachsenen Trockenfluss und die benachbarten kahlen Berghänge. Ab und zu
begegnen wir kleinen Steenbokantilopen. Es gibt jede Menge Nashornspuren jedoch
sind Wüstennashörner zu dieser Tageszeit selten aktiv. Trotzdem suchen wir im
Schatten von Büschen und Bäumen nach ihnen. Ab und zu stöbern wir einen
Buschhasen auf, der dann flink im Zickzack über den steinigen Boden rennt, dann
nieder geduckt verharrt und auf seine Tarnung vertraut. Ein Honigdachs trottet
am helllichten Tag vor uns her. Doch bis wir unsere Kameras bereit haben ist er
im dichten Busch verschwunden.
Bei Sonnenuntergang richten wir unser Camp im Sand vor einer Felswand ein. Die
Luft ist heute mild und angenehm. Wir entfachen das Campfeuer, brutzeln eine
Mahlzeit, Essen zu Abend, sitzen am Lagerfeuer und schwärmen von unseren
Erlebnissen und zählen auf welche Tiere wir noch gerne sehen möchten. Das
Spitzmaulnashorn und ein
Chamäleon
stehen an oberster Stelle. Als einer von uns mal kurz in der Dunkelheit
“verschwinden“ muss, hält Joe ihn zurück. „Wenn Du vom Camp weg gehst reicht die
Stirnlampe nicht, benütze bitte die starke Lampe“ sagt er. Die grosse Lampe wird
im Fahrzeug geholt. “Na, wie funktioniert den das Ding?“ Und klick, geht die
Lampe an. Jens, schwenkt den Scheinwerfer nur wenige Meter, und dort, im
Lichtkegel liegt ein ausgewachsener Mähnenlöwe, direkt neben einem Busch, gerade
mal 30 Meter von uns entfernt. Wir sind alle im Nu auf den Beinen. Der Löwe
steht auf und geht gemächlich von uns weg. Da haben wir Schwein gehabt. Das
hätte ohne die grosse Lampe schief gehen können. Wir sind dankbar für Joes
rechtzeitige Warnung. Wer solange Zeit in der Wildnis verbringt entwickelt einen
sechsten Sinn für potentielle Gefahrenmomente. Am Tag darauf finden wir viele
frische Löwenspuren im ganzen Tal aber unseren nächtlichen Besucher bekommen wir
leider nicht vor die Kamera.
Auf unseren weiteren Pirschfahrten durch einsame Berggegenden und Schluchten
erspäht Joe endlich das lange ersehnte Wüstennashorn. Sogar zwei, eine
Nashornkuh mit einem Kalb. Wir stellen sofort den Motor ab und verhalten uns
ruhig. Die Nashörner haben jedoch etwas gehört und traben erst mal davon.
Bleiben dann stehen und sichern, laufen langsam weiter und sichern noch einmal
sehr lange. Wir beobachten die Tiere mit dem Fernglas. Nach guten zwanzig
Minuten stellen sich Mutter und Kalb in einer Beseneuphorbie (Euphorbia
damarana) ein. Wir prüfen den Wind und laufen einen grossen Bogen. Von einer
kleinen Erhöhung aus können wir die Nashörner gut sehen. Um nicht bemerkt zu
werden, gehen wir nicht näher ran. Wir sitzen über eine Stunde lang auf der
Kuppe und beobachten die beiden Nashörner, wie sie sichern, sich zum Ruhen
hinlegen, immer wachsam die Ohren nach allen Richtungen drehend. Als die Sonne
untergeht beginnen die Nashörner ihre nächtliche Futtersuche und verschwinden am
Rande eines Berghanges aus unserer Sicht. Ein herrliches und unvergessliches
Erlebnis.
Wir
hoffen, mit unserem Bericht ein wenig Afrika-Fernweh in Ihnen geweckt zu haben
Liebe
Grüsse aus Windhoek
von Uschi & Joe
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