November 2005
Newsletter von Uschi & Joe Walter aus Namibia
Camping Fahrt ins Kaokoland
Während 3 ½ Wochen reisen wir
in Namibia durch den Etoscha Park, ins nordwestlich gelegene Kaoko- und
Damaraland sowie zum Brandberg, in den Messum Krater und an die Atlantische
Küste.
Von Regentropfen die nie die Erde erreichen
Es ist Mitte Oktober und über Windhoek schweben
graue Wolkenbänke. Lokale, kurze Schauer kündigen die kleine Regenzeit zu Begin
der Sommermonate an. Die Luft ist heiss und schwül. Wir sind froh, dass der
Himmel bedeckt ist auf unserer Fahrt nach Norden. 570 Kilometer Teerstrasse
sollen uns in ca. 8 Stunden zum Etoscha Park bringen. Der Landrover ist schwer
beladen, mit aller Ausrüstung, Lebensmitteln und was wir sonst für 3 ½ Wochen
Aufenthalt in der Wüste und Wildnis benötigen. Starker Seitenwind und Böen
schütteln das Fahrzeug. Wir lassen Otjiwarongo hinter uns und vor Otavi,
plötzlich, schlingert der Wagen etwas und im nächsten Moment, rums, da kracht
der Hinterreifen auf die Felgen. Wir kommen sicher zum stehen am Strassenrand.
Zuerst sieht es so aus als ob nicht nur der Schlauch sondern auch der Mantel
kaputt ist. Beim wechseln des Rades erweisst sich der Mantel jedoch in Ordnung.
In der Mienenstadt Tsumeb müssen wir in einer Werkstatt den Schlauch erneuern
lassen, da ein langer Riss nicht geflickt werden kann. Dann geht’s weiter. Die
Berge leuchten im Schein der Nachmittagssonne. Im Norden brauen sich
blauschwarze Wolken zusammen auf die wir geradewegs zu fahren. Wie grosse
Vorhänge fallen graue Regenschleier hernieder. Jedoch nur vereinzelt klatschen
dicke Tropfen auf die Windschutzscheibe. Der meiste Regen verdunstet in der
Hitze noch bevor er die Erde erreichen kann. Die Unwetterfront sieht dramatisch
aus, erweist sich jedoch als harmlos. Wir kommen zum Osteingangstor vom Etoscha
Park. Schon auf der kurzen Fahrt nach Namutoni sehen wir Giraffen,
Schwarznasenimpalas und viele der kaum 30 Zentimeter kleinen Dikdik Antilopen.
Es ist entsetzlich heiss. Das Thermometer steht knapp unter 40°C Grad Celsius.
Jede Bewegung löst einen Schweissausbruch aus. Wir trinken Wasser, Saft, Bier
und wieder Wasser. Trotzdem fühlen wir uns ausgedörrt. Vor dem Schlafen gehen,
wandern wir zum Schwimmbad um uns ein wenig im kühlen Wasser zu erfrischen. Das
tut gut.
Wildbeobachtung in
der Etoscha Pfanne
Um sechs Uhr essen wir ein kleines Frühstück.
Joe und die Freunde gehen auf Pirschfahrt nach Okevi und zur Fischer’s Pfanne und
können Springböcke, Oryxantilopen, einige Löwen sowie eine grosse
Leopardenschildkröte beobachten. Ich bereite ein Brunch für die Rückkehr der
Anderen vor und schaue zu wie Zebras und Gnus zum trinken an die Wasserstelle im
Camp ziehen. Um die grösste Mittagshitze zu überstehen gehen wir schwimmen. Am
Nachmittag fahre ich mit meinen Freunden auf Pirsch während Joe das Abendessen im
Bungalow vorbereitet. Wir können einige gute Fotos und Filmszenen von
Steinböckchen, Oryx, Kudu, Giraffen und einem Singhabicht schiessen.
Wir verladen das Reisegepäck und brechen früh auf. 165 Kilometer fahren wir am
südlichen Rand der Etoscha Pfanne entlang und stoppen an verschiedenen Quellen
und Wasserstellen um Tiere zu beobachten. Die Sonne brennt heiss und die Tiere
sind durstig. Bei der ersten Quelle zieht eine grosse Gruppe Kudus ans Wasser.
Es fällt uns ein Bulle mit ungewöhnlich verwachsenem Gehörn auf. Statt der
schönen Spiralen bilden die Hörner im Nacken einen Kreis. Der Kudu verhält sich
aggressiv gegenüber den anderen Tieren.
Fotos: Kudu mit verwachsenem Horn + Zebras an
der Salvadora Quelle mit der Etoscha Pfanne im Hintergrund
Die Giraffen nähern sich dem Wasser nur zögernd.
Ihre aufmerksamen Blicke verraten uns den Rastplatz einiger Löwen, die etwas
seitlich im Schatten eines Busches den Tag verschlafen. Impalas trinken
nebeneinander in einer langen Reihe und ihre Nasen mit dem schwarzen
Stirnflecken darüber spiegeln sich deutlich auf der Wasseroberfläche. Wenn ein
Tier erschrickt, flüchtet die ganze Herde, stoppt nach wenige Metern, sichert
und kehrt dann erneut zum Wasser zurück. Mitten im Wassertümpel wächst ein
Büschel mit grünem, langen Riedgras, der einzige Farbtupfer in der sonst
trockenen Landschaft. Tausende winzige Blutschnabelwebervögel schwärmen zum
Wasserrand, trinken ein Tröpfchen und flattern zurück ins Gebüsch. Ein
hektisches unentwegtes schwirren erfüllt die hitzegeladene Luft. Zwei grosse
Oryxbullen verkeilen ihre langen geraden Hörner im Zweikampf. Die angespannten
Muskeln lassen die Kraft der Kämpfer erahnen und bei jeder neuen Attacke wirbeln
dichte Staubwolken empor. Eine andere Wasserstelle teilen sich Elefantenbullen
und Zebras und eine Weitere wird von Kuhantilopen, Eland, vielen Giraffen, sowie
Greifvögeln, wie, Kampfadler, Raubadler und Ohrengeier belagert. An der Salvadora
Quelle beherrschen Zebras die Szene und eine Gackeltrappe belegt den Schatten
eines grün belaubten Salvadora persica Busches von dem die Wasserstelle
einst ihren Namen erhielt. In Okaukuejo führt unser erster Gang zur Bar, die
geschlossen ist und zum Schwimmen. Das Wasser im Pool ist überraschend frisch
und kühlt unsere überhitzten Körper angenehm ab.
Szenen am
Wasserloch
Beim abendlichen
Stelldichein am mit Flutlicht beleuchteten Wasserloch trafen Giraffen, Löwen,
Nashörner und viele andere Tiere zusammen. Auf engstem Raume löschen Jäger und
Gejagte ihren Durst. Es ist erstaunlich wie nahe die Giraffen die Löwen heran
kommen liessen bevor sie zögernd ein paar Schritte auswichen. Nashörner, sonst
eher territoriales Wild, trafen hier in grosser Zahl aufeinander. Manche Bullen
fühlten sich sichtlich unwohl inmitten so vieler Rivalen. Sie schnaubten
imposant und wirbelten mit den Vorderbeinen eindrucksvolle Staubwolken auf. Wer
vermag besser zu bluffen, war hier die Devise. Ein grosser Nashornbulle wollte
nicht aufhören zu toben und zu prusten und dabei seine "Duftnote" reichlich zu
versprühen. Inzwischen hatten Nashornkühe mit Jungtieren gute Gelegenheit in
Ruhe am Wasser zu trinken. Zwischendurch verkündeten die Löwen mit
beeindruckendem Gebrüll ihre Anwesenheit. Eine halbwüchsige Hyäne eilte zum
Trinken an die Wasserstelle und wurde sogleich von den Löwen angegriffen und in
wilder Hatz in die Dunkelheit davon gejagt.
Fotos: Spitzmaulnashorn in Okaukuejo und Oryx
Antilopen in spärlichem Schatten
Eifrige
Jäger
Nach einem
kurzen Frühstück verlassen wir das Okaukuejo Camp zu einer Morgenpirschfahrt.
Die Luft ist noch kühl, es verspricht jedoch ein heisser Tag zu werden. Unweit
vom Camp steckt eine Nashornkuh ihre langen Hörner aus dem Busch und überquert
mit ihrem etwa einjährigen Kalb zügig die Fahrspur. Bevor die Kameras bereit
sind, sind die Nashörner verschwunden. Auf einem halbhohen Busch entdecken wir
einen Steppenfalken der am Rande seines Nestes eine Eidechse verzehrt. Ein Stück
weiter erregt eine Staubwolke dicht über dem Boden unsere Aufmerksamkeit. Ein
Honigdachs buddelt eifrig nach Beute. Wir beobachten dieses rare, ehr
nachtaktive Tier über eine Stunde lang bei seiner eifrigen Beschäftigung. An den
Wasserstellen finden wir Rote Kuhantilopen, reichlich Kudus, Elefanten, Oryx und
Springböcke. Ein Strauss führt eine Schar Kücken aus. Bei jedem Schritt folgen
die Kleinen flink in den Schatten des Vaters.
Jagd am
hellen Nachmittag
Die
Nachmittagspirsch führt in den baren Norden von Okaukuejo. Im spärlichen
Schatten eines einzeln stehenden Bäumchens sucht eine Oryxfamilie Schutz vor der
brennenden Sonne. Wir entdecken auch ein Kaptriel Pärchen mit zwei zierlichen
Kücken, die mit offenen Schnäbeln hechelnd dicht an den Baumstamm gedrängt etwas
Schatten finden. Auf der mit goldgelben Gras bewachsenen Ebene sichten wir gut
getarnt einige Löwinnen und etwas weiter liegt der Pascha mit prachtvoller
dunklen Mähne direkt neben der Pad (Fahrspur). Ein zweites Löwenmännchen und
einige Junglöwen strecken neugierig ihre Nasen aus dem Gras hervor und äugen in
unsere Richtung. Der Pascha erhebt sich und setzt sich in Bewegung. Er schreitet
zur Quelle hinüber. Lange stillt er dort seinen Durst und schlendert
anschliessend genau auf unser geparktes Fahrzeug zu. Das zweite Löwenmännchen,
mit einer blonden Mähne, geht geradewegs auf ihn zu. Die beiden Löwen begrüssen
sich nach katzenart, reiben die Köpfe schmusend aneinander, lassen sich
anschliessend ins Gras plumpsen und sind aus unserer Sicht entschwunden. Im
Hintergrund, auf der gleissend weiss blendenden Etoschapfanne stehen Strausse.
Gnus und Zebras warten in sicherer Entfernung darauf, dass die Löwen die
Umgebung der Quelle verlassen. Auf der Rückfahrt erregt eine geringe Bewegung
auf der Ebene meine Aufmerksamkeit. Ich stoppe das Fahrzeug und schaue mit dem
Fernglas. Just in diesem Moment schnellt eine Löwin aus dem Gras hervor und
sprintet mit voller Geschwindigkeit los. Eine Herde Springböcke stobt mit hohen
Luftsprüngen davon. Die Löwin hat es jedoch auf ein einzelnes Zebra abgesehen,
dass nun in kraftvollem Galopp auf uns zu donnert, dicht von der Löwin verfolgt.
Wir halten den Atem an. Da bricht die Löwin abrupt die Verfolgung ab. Sie hat
die Aussichtslosigkeit der Hetzjagd erkannt. Das Zebra ist in eine Richtung
geflüchtet, wo die übrigen im Gras versteckten Löwinnen nicht angreifen konnten.
Eine erfolglose Jagt für die Löwen, für uns jedoch eine spannende Szene.
Fotos: Mähnenlöwe
in Okondeka und Wasserstelle in West Etoscha mit Nashorn
Wildreiches
West Etoscha
Wir durchqueren
den einsamen Westkorridor des Etoscha Parks. Vorbei am Geisterwald besuchen wir
die künstlich angelegten Wasserstellen auf dieser wenig befahrenen und nur mit
Sondergenehmigung zugänglichen Strecke. Bedauerlicherweise werden nicht alle
Wasserpumpen von der Parkbehörde ordentlich gewartet und instand gehalten,
jedoch dort wo die Brunnen funktionieren treffen wir eine sagenhafte Vielzahl
von Wildtieren an, wie Elefanten, Nashorn, Giraffen, Eland, Gnu, Zebra, Oryx,
Springbock, Warzenschwein, Löwen, Kudu und Ohrengeier. Hinter den Dolomithügeln
bei Otjovasundu verlassen wir den Park. In der gemütlichen, von interessanter
Vegetation umgebenen Hobatere Lodge verbringen wir noch eine komfortable Nacht
bevor wir Nordwestlich in die Wildnis des Kaokolandes reisen. Noch einmal ertönt
Löwengebrüll während der Nacht.
Am Rande der
Zivilisation
An der Tankstelle
in Opuwo füllen wir noch einmal Diesel auf. Auf den staubigen Strassen herrscht
reges Treiben. Die ländliche Bevölkerung des gesamten Nordwestens kommt hierher
zum Handeln und Einkaufen. Verwegen aussehende Männer zerren Ziegen von der
Ladefläche eines offenen Bakkie (Pritschenwagen) oder
bugsieren
blökende Schafe auf einen klapperigen Kleinlaster. Dabei wird palavert,
geschimpft, gelacht und geraucht. Runzelige, vernarbte Hände umklammern
zerknitterte Geldscheine. Bares wechselt die Besitzer. Im modernen Supermarkt,
trifft man barbusige, mit rotem Ockerfett eingeriebene Ovahimbas neben
Hererofrauen in ihren auffallend bunten, langen viktorianischen Kleidern sowie
auch Shorts tragende Touristen. Schwarze Jugendliche und Kinder bieten Armreifen
und Kettchen als Souvenirs an, die ihre Mütter und Grossmütter angefertigt
haben. Dabei wird interessiert unser Landrover betrachtet und kommentiert. Die
Touristen ihrerseits versuchen Fotos des bunt gemischten Völkchens oder
besonders interessanter Individuen zu erhaschen, bevor diese abwinken oder die
Hand, Bezahlung fordernd, ausstrecken. Wir verlassen Opuwo.
Einführung
in die Wildnis
Eine mehrere
Meter lange Staubfahne weht hinter unserem Landrover her und kennzeichnet unsere
Fahrtrichtung. Erst begegnen uns noch vereinzelt Fahrzeuge, dann wird es ruhig
und einsam. Bei Sonnenuntergang finden wir in einem offenen Stück Mopanebusch
einen geeigneten Platz für unser erstes Wildniscamp. Die Ausrüstung wird
abgeladen. Für die Gäste ist alles neu und ungewohnt. Deshalb werden gemeinsam
die Zelte aufgestellt und mit Bettrollen versehen. Die Feldküche wird
eingerichtet. Es liegt genügend gutes Mopane Holz herum und so wird flott ein
flackerndes Lagerfeuerchen entfacht. Kartoffeln, Zwiebeln, Kohl, Mettwürste und
Gewürze werden in den traditionellen, dreibeinigen Gusseisentopf geschichtet und
über die glühende Kohle gestellt. Schon bald erfüllt der Duft von leckerem
Eintopf das Camp. Tausende Sterne leuchten über uns von Horizont zu Horizont.
Die anfänglich gute Fahrspur verengt sich, die Landschaft wird bergiger und
rauer die Piste. Auch die Vegetation ändert sich. Oft stoppen wir um die
herrlich weissen Blüten der Pachypodium lealii, auch Elefantenfuss oder
Flaschenbaum genannt, zu bewundern und zu fotografieren. Ebenfalls erwecken
unbekannte, jedoch ungewöhnlich blühende Schmarotzertriebe auf einer Commiphora
Art unsere Aufmerksamkeit. In holperiger Fahrt über einen steil abwärts
führenden Pass erreichen wir die Talsohle. Goldgelbes trockenes Gras vom Vorjahr
leuchtet auf den Flächen am Fuss von Etendeka Bergen. Immer mehr Rinder begegnen
uns auf dem Weg nach Orupembe. Am Reservoir bahnen wir unseren Weg durch Esel,
Ziegen und Rinder. Eine Ansammlung von Menschen schöpft hier Wasser. Auch wir
füllen unsere Kanister auf, wobei wir von dunklen Kinderaugen ungehemmt
gemustert werden.
Omumboronbonga Camp
Am folgenden
Tag erreichen wir früh die Wüstenquelle Ogams. Oryxantilopen belagern die kleine
Quelle die unter einem Stein austritt. Die Tiere warten geduldig bis eines nach
dem anderen an dem schmalen Spalt platz zum trinken findet. Allerdings stossen
die Stärkeren manchmal die Schwächeren beiseite. Die Wüste schimmert rosarot.
Bei heissen, jedoch erträglichen Temperaturen unternehmen wir Wanderungen auf
die Granitkuppen. Die Vegetation bilden Zygophyllum stapffii, die wegen
ihrer kreisrunden Blätter auch Dollarbüsche genannt werden. Die stachelige hoch
giftige Euphorbia virosa gehört in die Familie der Wolfsmilchgewächse.
Die rosa blühende Sarcocaulon marlothii wird aufgrund ihrer wachsartigen
Rinde im Volksmund Buschmannkerze genannt. Wir fanden auch die in Namibia streng
geschützte Hoodia currori sowie schwierig zwischen den Steinen zu
entdeckende Lithops. Immer wieder begegnen wir Oryxantilopen die zwischen den
Felsen neugierig zu uns herüber spähen. Als wir im Khumib Trockenfluss eine
schattige Stelle finden entschliessen wir hier zu bleiben obwohl es noch früher
Nachmittag ist. Unter einer Gruppe mit uralten, riesengroßen Ahnenbäumen,
Combretum imberbe, die in der Herero Sprache Omumboronbonga genannt werden
und denen mystische Kräfte zugeschrieben werden, schlagen wir unser Camp auf.
Die Buschdusche wird installiert und bietet willkommene Erfrischung. Jeder kann
zu Fuss individuelle Streifzüge im Gelände unternehmen, Fotos von der grandiosen
Berglandschaft schiessen oder im "Omumboronbonga Camp" im Schatten relaxen. Mit
Spaghetti Bolognese zum Abendessen und einem Glas Rotwein am flackernden
Lagerfeuer klingt der Tag aus.
Fotos: Oryx Antilopen an der Wüstenquelle
Ogams + Berglandschaft im Kaokoland
Majestätische Berglandschaft im Kaokoland
Wir fahren im
Khumib Trockenfluss aufwärts. Joe zeigt und erklärt meinen Freunden uralte
Gletscherablagerungen, aus einer Zeit wo die Landmasse des heutigen Namibia sich
unter dem Südpol befand. Wir überqueren einen Pass. Unterwegs kommt uns ein
Reiter, der zwei Kühe vor sich hertreibt entgegen – der erste "Gegenverkehr"
seit Tagen. Ein grossartiger Ausblick auf den Hoarusib Trockenfluss eröffnet
sich vor uns. Die umliegende Berglandschaft ist eine der attraktivsten und
gewaltigsten im Kaokoland. Wir fahren hinunter zum Hoarusib Revier und halten
Ausschau nach Wüstenelefanten. Viele periodisch benutzte Himba Behausungen sind
gegenwärtig bewohnt und Rinder und Bokkies, wie die Ziegen hierzulande genannt
werden, bevölkern die Berghänge in grosser Zahl. In der Siedlung Purros füllen
wir unsere Wasserbehälter auf, was nicht ohne lautstarkes Spektakel und
Gelächter einer schwarzen Kinderschar vonstatten geht. Die Mädchen wetteifern
darum den Wasserschlauch zu halten. Ist das auftauchen einer fremd aussehenden
Reisegruppe doch eine willkommene Abwechslung im sonst eintönigen Dorfleben.
Trockenflüsse und Wüstenelefanten
Hinter Purros
windet sich das Flussbett des Hoarusib durch steile, hohe Felswände hindurch.
Aus den meist sandigen Untergrund tritt an manchen Stellen Wasser hervor und
fliesst in Rinnsalen oberirdisch – auch in der Trockenzeit. Hier wachsen
Tamarisken, Schilf und anderes üppiges Grünzeug. Diese linearen Oasen schaffen
ein wichtiges und beliebtes Habitat für Wüstenelefanten und andere Tiere. Wir
fahren in die enge Schlucht des Hoarusib ein und halten Ausschau nach Wild.
Hinter jeder Biegung entdecken wir Oryxantilopen. Nilgänse mit Jungen,
Dreibandregenpfeifer und Kiebitze belegen die Wassertümpel. "Dort vorne, links
im Gebüsch, da sind sie - drei Wüstenelefanten". Wir fahren näher heran und
beobachten die Elefantenkuh mit ihrer heranwachsenden Tochter und einem
Jungbullen beim fressen. Als wir noch dichter heranfahren, wird der Bulle
nervös, er hebt seinen Rüsselansatz und stellt drohend die Ohren auf aber
beruhigt sich kurz darauf sofort wieder. Wir fahren weiter und entdecken zwei
weitere Elefantenbullen im Ufergrün. Die enge Schlucht zwingt uns nahe an den
Tieren vorbei zu fahren und sofort werden wir wieder durch Ohrengewedel
zurechtgewiesen. Weit vor uns fliegen Geier auf. Im Flussbett liegt ein
Zebrariss. Den Fussabdrücken im Sand nach zu urteilen wurde das Tier in der
vergangenen Nacht von mindestens zwei Löwen gerissen. Sicher liegen die Löwen
irgendwo im Gebüsch beim verdauen aber wir bekommen die scheuen Tiere nicht zu
Gesicht. Am folgenden Morgen fahren wir zu auffallenden Lehmablagerungen im
Hoarusib Revier die "Clay Castles" genannt werden. Und wieder sichten wir
Wüstenelefanten. Zwei grosse Kühe und ein junger Bulle reissen Zweige aus dem
Tamariskendickicht, direkt unterhalb der Lehmburgen. Wir beobachten die Tiere
lange aber stellen plötzlich fest, dass Joe verschwunden ist. Sogleich taucht
Joe wieder auf, jedoch hinter den Elefanten auf einer Anhöhe. Er hat die
Elefanten auf der Abwind Seite in einem grossen Bogen umgangen und beobachtet
nun von seinem Logenplatz die Dickhäuter aus nächster Nähe. Die Kuh hat ihn
gesehen, ist jedoch nicht beunruhigt. Urplötzlich weht ein Windwirbel von Joe zu
den Elefanten und im Nu stürmt die grosse Elefantenkuh mit erhobenem Schwanz und
aufgestellten Ohren auf Joe zu. Joe flitzt wie der Blitz von seinem Hügel
hinunter und auf einen anderen Hügel hinauf, ausser Sichtweite der Elefanten.
Die Tiere stehen lange mit erhobenen Rüsseln die Luft testend, bevor sie sich
wieder dem Fressen widmen. Ab und zu hebt einer den Rüssel, schnuppert und
frisst weiter. Irgendwann muss Joe zu uns zurückkommen und das ist nicht möglich
ohne dass die Wüstenelefanten ihn bemerken. Sobald Joe das offene Flussbett
betritt laufen die Elefanten auf Joe los und Joe rennt auf uns zu. Ich starte
den Landrover und fahre Joe durchs Flussbett entgegen. Wir wollen es ja nicht
auf die Spitze treiben. Die Elefanten brechen sogleich ihren Angriff ab und Joe
steigt schwer atmend zu uns ins Fahrzeug. "Heute im tiefen Sand, rennt es sich
nicht mehr so leicht wie vor 50 Jahren auf dem Schulsportfest", gesteht Joe.
Wir fotografieren noch Lehmablagerungen und die tiefrote Blüte einer Hoodia
Pflanze. Auch später im Hoanib- und Mudorib Trockenfluss treffen wir auf
Wüstenelefanten, Giraffen, Springböcke und viele Oryxantilopen.
Fotos: Wüstenelefanten im Hoarusib Revier und
Blüte einer Hoodia Pflanze
Ein Nashorn
in der Wüste ist wie eine Nadel im Heuhaufen
Über dem
Damaraland stehen Regenwolken und ab und zu tröpfelt es. Das ist ungewöhnlich
früh für diese Jahreszeit. Wir richten unser Camp auf Regenwetter ein, montieren
Dächer über die Zelte und schützen die Feldküche mit einer Plane. Joe geht mit
den Gästen auf Fusspirsch zur Hunkab Quelle während ich am Campfeuer das
Abendessen bereite. Bizarr türmen sich wild zerzauste, intensiv leuchtende
Wolkenberge am Himmel auf. Zwischen den Hügeln scheint ein Regenbogen. In warm
strahlenden Orange- und Brauntönen verschmelzen die Konturen der Wüste in eine
sanfte Farbsinfonie, die in ihrer intensivsten Phase jäh verblasst. Die Sonne
ist untergegangen. Es wird Nacht. Starker Westwind treibt die Wolken zurück und
Tausende Sterne leuchten hell und klar am nächtlichen Himmel.
Stunden, ja tagelang suchen wir nach Spitzmaulnashörnern im Damaraland. Spuren
finden wir viele. Eine Erhöhung über der Tamarisk Wasserstelle bietet guten
Einblick in das Obob Revier. Es ist heiss und wir rollen das Schattendach aus,
welches am Dachträger unseres Landrover befestigt ist. Darunter im Schatten, mit
einem anhaltend blasenden Westwind lässt es sich aushalten. Wir essen zu Mittag.
Lange Zeit blicken wir durch das Fernglas, in der Hoffnung Nashorn Aktivitäten
zwischen der Vegetation im Obob Trockenfluss zu erspähen. Wir werden enttäuscht.
Joe und ich erinnern uns gerne daran, als wir vor fünf Jahren genau von dieser
Stelle aus eine ganz Nashorn Familie entdeckten und das seltene Glück hatten die
Tiere mehrere Stunden lang bei ihrem tun und treiben zu beobachten.
Klein und
unscheinbar sind die wahren Wunder der Wüste
Unser nächstes
Ziel ist die Crowthers Quelle, die in jeder Landkarte dieser Gegend verzeichnet
ist. Die Gäste wundern sich, als die "bekannte" Quelle sich als erbärmlich
kleines, zudem übel riechendes Matschloch entpuppt. Für Wildtiere spendet sie
dennoch genügend Wasser um das Überleben in der Wüste zu ermöglichen. Wir
überqueren endlos bare Flächen. Nur wer ganz genau hinsieht entdeckt
spärlichen Bewuchs, Halme und zarte Pflanzen. Dem Stadtmenschen, dessen Auge an
Überfluss und Fülle gewöhnt ist, fällt dies zu erblicken bisweilen schwer. Zu
Hause, im Fernsehprogramm, wird ihm alle 45 Sekunden eine Sensation geboten. Wer
jedoch die Wüste mit all ihren Wundern erleben und erfahren will, muss sich
mitunter in Geduld üben und lernen die kleinen Dinge zu schätzen. Erst dann
offenbart ihm die Natur ihren wahren Reichtum. Wer den bar scheinenden
Wüstenboden wachsam betrachtet, entdeckt plötzlich Leben. Eine Eidechse hebt
während dem Sonnenbad auf einem heissen Stein zwei Füsschen zur Kühlung in die
Luft. Regungslos verharrt der Gecko bis er blitzschnell nach einer Fliege
schnappt. Eine geschützte Nische zwischen den Steinen wurde von einer Lerche
auserkoren um ihr zierliches Nest zu bauen. Spinnen haben sich raffinierte
Taktiken angeeignet um ihre Feinde zu täuschen oder erfolgreich ihre Beute zu
überlisten. Grashüpfer tarnen sich wie Steine. Die Verschiedenartigkeit der
Natur ist endlos und ganz erstaunlich.
Hinter grünen Binsenbüscheln versteckt, entspringt die Khaias Quelle und fliesst
stark und sauber. Das Wasser ist weich und wohlschmeckend. Becher für Becher
schöpfen wir aus dem klaren Becken unter dem Kalkstein bis alle unsere Kanister
und Flaschen voll sind. Wenige Kilometer weiter errichten wir unser Camp in
einer Buschgruppe. Die halbhohen falschen Ebenholzbäume, Euclea pseudebenus,
bieten tagsüber ein wenig Schatten, denn wir werden einen Ruhetag einlegen. Vor
Sonnenuntergang gehen wir noch einmal auf Nashornpirsch, leider ohne eines zu
sichten. Eine Vormittagswanderung mit Joe führt über Hügel und Flächen im
Damaraland und ist eine willkommene Abwechslung zur langen Fahrt am Vortag. Die
Ruhe am Nachmittag ist behaglich.
Eine steile holperige Pad führt auf die Wasserscheide. Wir bestaunen einen
glänzenden, über Jahrhunderte glatt geschmirgelten Nashornreibstein. In der
Ferne grasen Zebras und Oryxantilopen. Bei der Urunendesquelle stossen wir auf
frische Löwenspuren. Der üppig grüne Pflanzenbewuchs im Barab Flusslauf ist eine
Augenweide. Hier erspähen wir auch endlich ein Nashorn, das für wenige
Augenblicke neben einer Beseneuphobie, Euphorbia damarana, auftaucht und
unschlüssig in unsere Richtung blickt. Dann ist es verschwunden. Der Wind steht
ungünstig und wir können dem Tier nicht unbemerkt zu Fuss folgen.
Gewitterstimmung
Im Osten ziehen
dunkle Wolken auf und Donnergrollen ertönt in der Ferne. Die Sonne brennt
unerträglich. Im Schatten eines Baumes nahe einer Wasserstelle essen wir zu
Mittag. Urplötzlich öffnet der Himmel seine Schleusen. Es blitzt, donnert und
regnet heftig. Eilig ziehen wir eine Plane über den Dachträger um das
Reisegepäck vor Nässe zu schützen. So schnell wie der Regen gekommen ist, stoppt
er. Skeptisch blicken wir auf die grosse dunkle Gewitterfront die drohend am
Himmel steht. Im Flussbett des Abba Barab richten wir unser Camp für zwei
Übernachtungen ein. Am Uferabbruch, zu Füssen eines bejahrten Mopanebaumes mit
überhängenden Krone wird die Feldküche installiert. Die starken Äste eignen sich
hervorragend um unsere Regenplane darunter zu spannen und die knorrigen Wurzeln
werden zu Küchenregalen umfunktioniert. Auf sandigem Boden werden die Zelte
errichtet. Der Schweiss rinnt uns in Strömen von der Stirn. Gekühlte Getränke
erfrischen die trockenen Kehlen. Die dunklen Wolken foppen uns auch am folgenden
Tag. Sie dringen gerade bis über unseren Campingplatz vor, dann hält sie der
Westwind zurück. Wir sitzen exakt in der Mitte, im Osten die gewaltige
Gewitterfront und im Westen blauer Himmel und brennende Sonne. So leistet unsere
Plane gute Dienste als Sonnenschutz und wir geniessen spektakuläre Stimmungen.
Ausgedehnte Pirschfahrten führen uns auf weite Flächen zwischen den Bergen. Zu
Fuss erklimmen wir Hügel mit herrlicher Aussicht. Wir sehen reichlich Wildtiere
und können zufrieden sein. Doch das Glück meine es besonderes gut mit uns. Am
Ende der letzten Nachmittagspirsch im Damaraland, bei bestem Lichtverhältnissen
und inmitten herrlicher Szenerie kommt im letzen Schein der Abendsonne eine
14-köpfige Herde Wüstenelefanten mit Jungtieren direkt auf uns zu. Ein
überwältigender Abschied!
Fotos: Wüstenelefanten im Damaraland
Lebensspendender Nebel vom Atlantik
Unsere Gäste
wünschen eine nachträgliche Programmänderung. Wir disponieren um. Die
ursprüngliche Route wird verändert und durch einen Aufenthalt im Ferienort
Swakopmund, an der Atlantikküste, ersetzt. Unterwegs besichtigen wir die
Felsgravuren in Twyfelfontein, sowie den Verbrannten Berg und die Orgelpfeifen.
Am Brandberg wandern wir durch die Numasschlucht bis zur gleichnamigen Quelle
und besichtigen unterwegs Felszeichnungen. Frühmorgens zieht Nebel von der Küste
herauf und hüllt das Brandberg Massiv in geheimnisvolles Licht. Im Messum Krater
fotografieren wie die grössten Welwitschia Pflanzen in Namibia. Mit frischem,
kühlen Wind empfängt uns der Atlantische Ozean. Am Kreuzkap besuchen wir die
Pelzrobbenkolonie. Mit über 100 verschiedenen Arten sind die Flechtenfelder
entlang der Küste einzigartig. Algen und Pilze formen eine Symbiose und die
daraus entstandenen Flechten existieren von der Feuchtigkeit die der Küstennebel
mit sich führt. Joe entdeckt eine zierliche, hübsch gezeichnete Schlange. Später
können wir sie anhand von Fachliteratur als Dwarf Beaked Snake
identifizieren. Ein deutscher Namen ist nicht zu finden. In Swakopmund beziehen
wir ein Hotel in Stadt- und Strandnähe. Wir besuchen Martin Luther, eine
berühmte erst kürzlich restaurierte uralte Dampfmaschine. Leider ist die Halle
verschlossen und die Glasfenster sind schmutzig. Auf einer Tagestour erkunden
wir die Sanddünen der Namib und unternehmen eine ausgedehnte Fahrt entlang der
Vogellagune in Walvis Bay, wo Flamingos und andere Wasservögel in grosser Zahl
vorkommen. In Swakopmund unternehmen die Freunde Exkursionen auf eigene Faust
sowie einen ausgiebigen "Shopping Spree" in die örtlichen Kunsthandwerkläden.
Die
Tour endete in Windhoek. Joe und ich haben nun über eine Woche lang das Fahrzeug
und die Safari Ausrüstung gründlich entstaubt, geputzt, geölt, gewaschen und
gebügelt. Es wurde repariert was zu reparieren war und alles geordnet und in die
Regale eingereiht. Tagestemperaturen von 35 – 36°C Grad Celsius haben uns dabei
ordentlich ins Schwitzen gebracht.
Aufgrund der kurzen Zeitspanne zwischen unserer Hochzeitsreise und der
Oktober/November 2005 Tour mit unseren Freunden, musste der Reisebericht über unsere Fahrt im
September in Namibias Süden zurückstehen. Wir möchten ihn im Dezember 2005
nachreichen. Besser spät als nie.
Bis
dahin Ciao und herzliche Grüsse aus Windhoek
von Uschi & Joe
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