August 2006
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Wanderungen auf NAMIBIAs Brandberg
Fotos: Uschi Kirchner & Sönke Wandschneider
Ein Reisebericht von Uschi Kirchner & Joe Walter
Alles hängt von natürlichen Wasservorkommen ab
Die
Durchführung einer Brandberg Wanderung bedarf besonderer Planung und
Vorbereitungen, und die Natur muss mitspielen. Wenn es im Brandberg nicht
genügend regnet, ist die Verwirklichung einer längeren Tour unmöglich. Der
Wanderer ist ganz und gar von den natürlichen Wasservorkommen im Berg abhängig.
Wir hatten Glück. 2006 war ein gutes Regenjahr in Namibia und spät im April
fielen im Brandberg ausgiebige Niederschläge. Joe musste noch einen Muskelriss
auskurieren und so legten wir den Termin auf Anfang August 2006 fest.
Damit begann für unsere Freunde in Deutschland und in der
Schweiz das Ringen um Urlaubserlaubnis und freie Flugplätze nach Namibia. Fünf
Personen glückte es sich den Traum einer 14-tägigen Brandbergwanderung zu
erfüllen. Andere bedauerten nicht dabei sein zu können und nahmen sich fest vor
im nächsten Jahr mit zu kommen.
Die Vorbereitungen
Joe
musste nun die Details der Wanderroute ausarbeiten. Er kennt und bewandert den
Brandberg seit nunmehr 37 Jahren. Aus alters- und gesundheitlichen Gründen hatte
Joe im Mai 2005 erklärt keine weiteren Brandbergtouren mehr zu führen. Dies
mochten seine Freunde und Brandberganhänger nicht gelten lassen. Eine
Brandbergtour mit Joe zählt zu den Erlebnissen der besonderen Art. Es gibt
wenige, die den Berg mit all seinen geheimnisvollen Felsmalereien und
verborgenen Wasserstellen so gut kennen wie er. Um den steilen Anstieg mit
schwerem Gepäck zu vereinfachen, sollte diesmal ein Helikopter die Wanderer und
die Ausrüstung vom südwestlichen Fuss des Bergmassives zu einer Hochfläche im
nordöstlichen Bereich des Brandberges bringen (ca.19 Kilometer Flug). Auf der
Wanderroute sollten zwei Lebensmitteldepots eingerichtet werden. Für sieben
Personen müssen die Essensrationen für zwei Wochen im Berg genauestens
berechnet, abgewogen, verpackt und eingeteilt werden. Man kann sich weder
leisten zuviel noch zu wenig mitzunehmen.
Fotos: Abwiegen und verpacken der
Lebensmittelrationen für die Brandberg Wanderung + Ausrüstungsgegenstände
Ungewissheiten
Bevor wir Windhoek verlassen konnten, mussten wir noch einige Schwierigkeiten
überstehen, welche verursacht wurden durch eine Flug Annullation in letzter
Minute und weil beim Umladen in Johannesburg Reisegepäckstücke verloren gingen.
Ein Rucksack tauchte nach zwei Tagen auf. Die am schlimmsten betroffene
Mitstreiterin, welche gleich zweimal unterwegs übernachten musste, blieb ohne
Gepäck. Rasch mussten Noteinkäufe getätigt werden und der Rest der
unentbehrlichen Kleidung und Bergausrüstung wurde von uns beigesteuert.
Auf der Schotterpiste hinter Omaruru Richtung Uis bekommen wir erstmals die
diffusen Umrisse des Bergmassives zu sehen. Schnell nähern wir uns dem
Brandberg. Rötliche Granitplatten leuchten imposant und kantige Berggipfel heben
sich klar vom tiefblauen Winterhimmel ab.
Die Sonne wärmt angenehm und
eine milde Brise umfächelt goldgelbes Gras.
Ideales
Flugwetter spekuliert Joe, vielleicht schaffen wir den Aufflug mit dem
Helikopter sogar noch am Nachmittag.
Wir erreichen den vereinbarten Lagerplatz am Fuss der Amis Schlucht. Der
Hubschrauber ist nicht da. Mobiltelefon Empfang gibt es hier keinen, und so kann
man nicht mal eben anrufen um zu fragen was die Verspätung verursacht hat. Wir
richten unser Camp ein und Joe unternimmt mit den anderen eine Wanderung zu
einer versteckten Wasserstelle in der Nähe.
Am Spätnachmittag taucht ein Fahrzeug auf. Die drei einheimischen Insassen
fragen mich ob ich zwei Wanderer gesehen hätte die sie hier treffen sollten. Mit
dem Fernglas suche ich mehrmals die gut einsehbare Schlucht ab. Dort sind mit
Sicherheit keine Wanderer unterwegs. Der Fahrer bittet mich, falls noch Wanderer
kommen würden, möchte ich ausrichten er komme morgen früh wieder.
Eine Reihe von Zufällen
Uns
kommen Zweifel über den Verbleib unseres Helikopters. Joe und sein Freund fahren
am Abend Richtung Uis bis sie Empfang auf dem Mobiltelefon haben. Weder der
Pilot noch seine Frau sind erreichbar – was uns spekulieren lässt, dass sie
vielleicht in einer Nachbarschlucht campieren.
Beim Frühstück am nächsten Morgen, kommt der Helikopter geflogen. Wir sind
erleichtert. Wie angenommen, hatte der Pilot in der nächsten Schlucht campiert.
Seine Frau, die mit dem Fahrzeug Ersatztreibstoff für den Helikopter brachte
hatte an dieser Stelle auf ihn gewartet. Dort kamen auch vor Einbruch der
Dunkelheit vom Brandberg zwei hungrige und durstige Wanderer herab und machten
grosse Augen als ein Hubschrauber dastand. Die Wanderer erwarteten ein Fahrzeug,
welches sie abholen sollte. Der Pilot verständigte Uis per Satellitentelefon,
damit ein Fahrzeug geschickt werden konnte. Als der Fahrer eintraf bestätigte er
dem Pilot, dass unsere Gruppe in der Nachbarschlucht auf ihn wartet. So hat eine
Reihe Zufälle allen Beteiligten geholfen und dies in einer Gegend, wo oft
wochenlang keine Menschenseele
Fotos: Der Dom +
Helikopterflug + Granitformationen im Nordbrandberg
Flug mit dem Helikopter auf den Brandberg
Das
Wetter ist ideal - klar und windstill. Joe fliegt als erster mit einigen
Rucksäcken und vor allem mit den Depotsäcken los. An zwei Stellen muss der
Helikopter im Brandberg landen. Joe springt hinaus und befestigt die
vorbereiteten Säcke mit Draht im Geäst von Bäumen, damit Mäuse und Ameisen
unsere Lebensmittel nicht erreichen können. Inzwischen packen wir unten unser
Camp zusammen. Währenddem werden weitere drei Personen abgeholt. Ich parke die
beiden Land Rover im Schatten eines Kameldornbaumes. Noch einmal überprüfe ich
ob die Solarpaneele richtig angeschlossen sind, die während wir auf dem Berg
sind die Fahrzeugbatterien mit Strom aufladen müssen, welche unsere Gefrier- und
Eistruhen betreiben. Alles ist in Ordnung. Die Fahrzeuge werden abgeschlossen.
Der Helikopter landet, wird aufgetankt und mit den letzen beiden Freunden
fliege ich hinauf. Welch ein Gefühl mit Leichtigkeit die steile Amis Schlucht
hinauf zu gleiten. Schon fliegen wir nahe an den markanten, steilen
Granitplatten vorbei. Für einige Sekunden erkenne ich die Lufthöhle und schon
tut sich unter uns ein Abgrund auf. Wir gleiten hinab um sogleich einem
Einschnitt folgend wieder Höhe zu gewinnen. Einige Wasserbecken werden sichtbar
– das müssen die Mittleren Kaskaden sein. Der Flug ist so überwältigend, dass
ich fast vergessen hätte ein paar Fotos zu schiessen. Bald sehen wir einige
winzige Punkte auf einer grünen Fläche stehen – es ist Joe und die anderen. Der
Pilot fliegt noch eine grosse Runde weit hinaus über die glatten tiefen Abgründe
des Nordbrandberges. Die Aussicht ist spektakulär und betörend. Dann landen wir
bei den Anderen. Der Helikopter rauscht davon und es herrscht absolute Stille.
Hier stehen wir nun, sieben winzig kleine Menschen inmitten der grandiosen
Berglandschaft. Es ist erst 10:00 Uhr, herrliches Wetter und wir sind oben -
ganz ohne die Knochen schindenden Anstrengungen, die der lange, mühsame Aufstieg
mit schweren Rucksäcken sonst immer bereitet hat. Um ehrlich zu sein, ohne die
technische Hilfe des Helikopters hätten wir wohl den Brandberg nicht noch einmal
bewandern können. Wir sind dankbar über diese wundervolle Gelegenheit.
Erkundung
der Gegend auf Tageswanderungen
Jeder sucht sich auf der Nuvuarib Fläche ein angenehmes Plätzchen für seine
Schlafmatte aus. Zwei Granitplatten werden zur Küche und als Essplatz
auserkoren. An den Ästen eines Harzbaumes hängen wir die Tüten mit den
Lebensmittelrationen für die nächsten Tage auf. Schon ist unsere neue
"Behausung“ eingerichtet. Es hat schon was für sich nicht mehr bei sich zu haben
als man zu tragen fähig ist.
Begeistert und ausgeruht unternehmen wir die erste Wanderung auf eine nahe
Anhöhe und lassen unbeschwert die herrliche Bergwelt auf uns einwirken. Im
Brandberg ist wegloses Gelände und so muss konzentriert ein Schritt vor den
anderen gesetzt werden. Dabei erblickt man beiläufig die herrlichsten Blumen und
Pflanzen. Joe erklärt uns wissenswertes über die stachelige äusserst giftige
Euphorbia virosa (Foto) und den auffälligen gelbrindigen Butterbaum,
Cyphostemma currorii. Oft stoppen wir um zu fotografieren oder um uns
gegenseitig gesehenes mitzuteilen und auch um uns zu orientieren. Markant
flankieren "die Glatzköpfe“ unseren Lagerplatz, zwei Berge mit rundlichen
vegetationslosen Granitkuppen (Foto). Im Hintergrund erblicken wir den
Gipfel vom Horn, die dritthöchste Spitze im Brandberg und ein Stück weiter die
Umuab Spitze.
Am Morgen nach dem Frühstück, müssen unsere Wasservorräte nachgefüllt werden.
Joe führt uns einen felsigen Abhang hinunter, der dicht mit Sarcostemma
viminale bewachsen ist. Die langen Triebe dieses Gewächses wuchern wirr
durcheinander und man muss höllisch aufpassen, dass man nicht mit dem Fuss
einhängt und auf die Nase fällt. Wir erreichen eine Rinne und Joe zeigt uns ein
Wasserbecken welches unter einem Felsen hervorspiegelt. Der Wassertümpel wird
von unzähligen Vögeln besucht und ist deshalb leicht verschmutzt. Im davor
abgelagerten Sand gräbt Joe ein tiefes Loch, bis er auf Wasser stösst. Als sich
die Schwebstoffe gesetzt haben können wir klares, frisches und dazu noch kühles
Wasser schöpfen.
Felsmalereien geheimnisvoller Urbewohner
Wo
im Brandberg Wasser vorkommt haben vor Jahrtausenden auch gerne die Urvölker
gewohnt, sofern geeignete Wohnstätten vorhanden waren. Unweit der Wasserstelle
führt Joe uns zu einem tiefen Felsüberhang, unter dem Felszeichnungen an Decke
und Wänden von einer uralten Wohnstätte zeugen. Die noch deutlich erkennbaren
farbigen Darstellungen von Wildtieren, schlanken Menschen und einer
Landschaftsskizze flössen uns Achtung ein vor diesem rätselhaften Volk welches
ohne technische Hilfsmittel und moderne Ausrüstung hier zu überleben vermochte.
Wie wäre es wohl wenn wir ohne unsere Daunenschlafsäcke, Isoliermatten und warme
Bekleidung lagern müssten und Essbares suchen, sammeln und erjagen müssten
anstatt einfach in unsere Verpflegungstüten zu greifen?
Ausblick in die Wüste
Wir
wandern weiter. Auf ebenen Flächen sieht man, dass hier einmal Wasser stand.
Hunderte verblühte Androcymbium Blumen liegen wie zierliche Schiffchen
auf dem rissigen Lehmboden und bekunden die vergangene Blütenpracht.
Wir erklimmen glatte Felsplatten auf denen kolossale Granitklötze liegen die
aussehen als ob sie jeden Augenblick zu Tal rollen. Wir haben den Rand des
gewaltigen Brandbergmassivs erreicht. Steil fallen die Felswände die Sonusib
Schlucht hinab. Vor uns liegt die Weite der Wüste. Wie ein dunkelgrünes Band
schlängelt sich der Ugab Trockenfluss durch die karge Landschaft. Berge ragen
hier und dort empor. Ein weites, unbewohntes Stück Erde erstreckt sich zu
unseren Füssen – ein einzigartiges Panorama.
Fotos: Abstieg
über eine Granitplatte + Wasserschöpfen im Sandloch + Blick in die Sonusib
Schlucht
Joe
führt uns zur Bildergalerie, einer weiteren uralten Wohn- und Felskunststätte im
Brandberg. Wir laufen in einem Bachbett und rasten unter einem grossen
schattigen Felsblock. Joe animiert uns in eine niedere unscheinbare Felsnische
zu schlüpfen und verspricht eine Entdeckung. Einer wagt es. Tatsächlich, nach
einigem Suchen erblickt er an der Decke die deutliche Zeichnung einer seltsamen
Phantasiegestalt. Nun kriecht einer nach dem Anderen in die Höhlung um den Heize
Aibip, wie die Schabernack treibende Spukgestalt von früheren Bewohnern genannt
wurde, zu betrachten (kleines Foto). Wir wandern weiter zu einem
Felsabbruch mit einer phantastischen Aussicht in die Ebene.
Die Lange Grotte
Die
Rucksäcke werden mit dem Nötigsten für eine Übernachtung gepackt. Über
Felsbrocken und durch dicht bewachsene, jedoch steile Hänge führt Joe uns ins
Buschmanntal hinab. Es ist heiss, die Rucksäcke drücken, bringen uns zuweilen
aus der Balance und das Geröll gibt öfters unter unseren Bergschuhen nach. Nicht
selten landen wir auf dem Hosenboden, der bei einigen schon markante
Verschleisserscheinungen aufweist. Im Schatten grosser Felsblöcke suchen wir
Schutz vor der sengenden Sonne. Als das steilste Stück hinter uns liegt, wandern
wir im Bachbett weiter. Plötzlich verengt sich der Bachlauf in eine Schlucht.
Steile Felswände ragen auf beiden Seiten empor. Ein Wasserrinnsal tritt aus dem
Felsen hervor. Wir stillen unseren Durst. Oben an einem Felsen erblickt Joe
einige Felszeichnungen. Wir klettern weiter die Schlucht hinab. Grosse
Felsbrocken versperren den Weg und erschweren das weiterkommen. Dann sehen wir
sie, auf halber Höhe mitten in der Felswand – die Lange Grotte, von der Joe uns
erzählt hat. Die Grotte ist nur von einer Seite zugänglich. Wir klettern hinein.
Die Rucksäcke sind hinderlich, doch dann eröffnet sich ein ca. 60 Meter langer,
bis zu 7 Meter breiter und knapp drei Meter hoher Bereich, dessen Decke und
Wände mit vielfältigen Felsmalereien bedeckt sind. (siehe Fotos im Internet) Im
Bachbett vor der Grotte steht ein stämmiger Feigenbaum. Es ist früher Nachmittag
und da wir hier die Nacht verbringen wollen, gehen Joe und ich nach einer Pause
ohne die Rucksäcke auf Exkursion. Die anderen fotografieren Malereien, schreiben
Tagebuch oder rasten. Joe findet eine Spalte mit Wasser. Als wir eine
Seitenschlucht erklimmen entdecken wir mehrere Wasserbecken, eine gute
Gelegenheit uns gründlich zu waschen.
Fotos: Die Lange Grotte + Felszeichnung in der Langen Grotte +
Wasserbecken im Buschmann Tal
Vor
Einbruch der Dämmerung versammeln wir uns in der Grotte zum Sundowner, jeder
erhält eine kleine Whiskyration. Während dem Essen kochen tönt Unterhaltung und
Gelächter durch die Schlucht. Es ist eine laue Nacht und jeder beobachtet von
seinem Nachtlager aus wie langsam der helle runde Mond über der Felswand
erscheint und allmählich das innere der Grotte beleuchtet. Morgens weckt uns der
grelle Ruf eines Perlkauzes. Genau mit diesen Erlebnissen hatte Joe uns seinen
letzten Aufenthalt in der Langen Grotte vor ungefähr 25 Jahren geschildert. Ist
die Zeit hier stehen geblieben?
Der Aufstieg zu
unserem Nuvuarib Lager ist lange, steil, heiss und beschwerlich. Unweit vor
unserem Lager gibt bei unserem alten Freund der Bergschuh den Geist auf. Die
Sohle hängt nur noch an der Spitze fest und macht bei jedem Schritt schlapp…
schlapp…. Alle Augen richten sich erwartungsvoll auf Joe, der immer eine gute
Idee hat und alles irgendwie reparieren kann. So ist es auch diesmal. Joes holt
aus seinem "Erste Hilfe Beutel“ eine Ahle und Draht hervor und befestigt damit
die Schuhsohle sorgfältig. Sie MUSS bis zum Schluss halten – was sie auch tut.
Durchquerung vom Brandberg
Nun
wird es Ernst. Ab jetzt müssen wir jeden Tag mit all unserer Ausrüstung im
Rucksack weiter wandern. Im Sandloch beim Mason Shelter werden alle
Wasserflaschen aufgefüllt. Jeder muss vier Liter tragen, da an unserem Tagesziel
ein Wasservorkommen nicht gewährleistet ist. In gleichmässigen Auf- und
Abstiegen wandern wir dahin. Mittags essen wir unsere Körner- und Früchteriegel
im Schatten eines Felsblocks mit herrlicher Aussicht. Ab und zu sehen wir ein
Klippspringer Pärchen davon springen und Dassies (Hyraxes) über die Felsen
huschen. Hoch in den Lüften kreisen Schwarzadler. Auf der Umuabfläche gräbt Joe
sogleich nach Wasser und wird fündig – herrliches frisches klares Wasser. Dies
erspart uns einen langen Marsch über die Fläche um anderenorts Wasser zu holen.
Wir schlafen im Sand neben einer grossen Granitplatte und beobachten nachts wie
Sternschnuppen vom Himmel fallen.
Fotos:
Wanderer auf der Hornfläche + Klippspringer
Am folgenden
Tag müssen wir mühsame 600 Höhenmeter überwinden bevor wir die Fläche unterhalb
vom Horn erreichen. Dort soll unser erstes Depot hängen. Ob wohl ein Leopard den
Lebensmittelsack vom Baum gerissen und zerfetzt hat, spekulieren wir während wir
schwer atmend die letzten Höhenmeter bezwingen. Wo hat Joe nur den Sack
aufgehängt? Wir können nichts entdecken. Joe schmunzelt, und wir erblicken den
Sack. Alles ist heile und wir haben wieder Lebensmittel für mehrere Tage. Auch
eine 14 Liter Wasserration hat Joe eingepackt, denn hier oben gibt es keine
Wasserstelle. Wir alle sind froh, dass wir nicht so furchtbar Wasser sparen
müssen und sogleich darf ich reichlich Tee ansetzen. Blutrot versinkt die Sonne
hinter dem Grat.
Nashornjagd
und Kälteeinbruch
Am
nächsten Morgen unternehmen wir Anstrengungen den Gipfel vom Horn zu erreichen.
Einige Male bleiben wir im dichten Dornbusch oder vor grossen Felsblöcken
stecken und müssen schlussendlich das Unternehmen abbrechen. Ein steiler Abstieg
beginnt bis wir eine kleine Fläche erreichen. Joe lässt uns die Rucksäcke
ablegen, führt uns um einen Felsblock herum und weist auf eine ausdrucksvolle
Malerei, die eine Nashornjagd darstellt (Foto). Weiter geht’s steil
bergab um anschliessend in mehreren Etappen wieder Höhe zu gewinnen. Die
Engelhardfläche ist unser Tagesziel wo wir nicht nur herrliche Ausblicke
genießen
können sondern auch reichlich Wasser vorfinden. Joe schlägt vor, dass wir hier
einen ganzen Tag verbringen damit wir genügend Zeit haben, die zahlreichen
Felsmalereien anzusehen (siehe kleines Foto) und uns zu waschen und zu
pflegen.
Dieser Vorschlag findet begeisterten Zuspruch. Abends wird es empfindlich kühl
und Wind kommt auf, der während der Nacht böig und stark bläst. Unser Schlafzeug
wird hin und hergebeutelt und wir finden kaum Schlaf. Am Morgen gehen alle auf
die Suche nach einem vom Wind geschützten neuen Schlafplatz für die zweite
Nacht. Auch mit den Kochutensilien müssen wir umziehen. Dann besichtigen wir die
enorm vielen ansprechenden Felsmalereien die an vielen Stellen zu finden sind.
Es kostet Überwindung die Faserpelze abzulegen um sich bei dieser Eiseskälte mit
Wasser zu übergiessen und sich zu waschen. Im Brandberg kann man jedoch nicht
wählerisch sein. Es wird geduscht wenn’s Wasser hat, danach fühlt man sich wie
neu geboren.
Von den Kaskaden zum Katarakt
Am
nächsten Morgen wirft der Brandberg einen langen Schatten auf die im Dunst
liegende Wüste.
Wir
haben einen anstrengenden Wandertag vor uns. Herrliche Ausblicke und immer
wieder aussergewöhnlich interessante Vegetation entschädigen uns. Im Oberlauf
des Numas Revier finden wir glasklare Wassertümpel vor. Spuren im Sand verraten
uns, dass ein Leopard die Wasserstelle regelmässig aufsucht. Frischfarbige
Blümchen umranden zu Hunderten die Becken. Zahlreiche pink blühende
Buschmannkerzen und besonders dickstämmige Butterbäume (ein Weinrebengewächs)
schmücken die Berghänge. Auch Felsmalereien gibt es hier. Gegen Mittag erreichen
wir eine Fläche. Wir legen die Rucksäcke ab und unternehmen einen Abstecher zu
den Lempp Grotten um dort Felsmalereien anzusehen. Unterwegs entdeckt Joe am
Boden das Nest einer Lerche mit drei flaumigen Jungvögelchen die sogleich ihre
gelben Schnäbel weit aufsperren.
Dann
geht es weiter. Bei den Oberen Kaskaden wartet nicht nur reichlich Wasser auf
uns. Ein herrlicher Lagerplatz mit auffälligen blaugrünen Cotyledon
Pflanzen spricht uns besonders an. Auch unser zweites und letztes Lebensmittel
Depot baumelt unversehrt im Geäst eines Harzbaumes.
Am Numas Revier entlang abwärts sind reichlich Stellen mit riesigen Felsbrocken
versperrt. Entsprechend langsam kommen wir vorwärts. Dichter Bewuchs von
Spaghettipflanzen, Sarcostemma viminale, lassen uns im Storchengang
schreiten. Wir sind froh, als weiter unten lange glatte Felsplatten das gehen
erleichtern. Wassertümpel und liebliche Landschaft entschädigen für die
Anstrengungen und lassen uns die schweren Rucksäcke mit Gelassenheit schleppen.
Während der Mittagsrast erfrischt ein kühles Bad in einem sandigen Wasserbecken.
Auf unserem Marsch stoppen wir oft um gewaltige Köcherbaume, Aloe dichotoma,
liebliche Landschaft mit formvollendeten Granitbrocken und Felsmalereien zu
Betrachten und zu Fotografieren.
Die
Wiese vor dem Katarakt finden wir sumpfig und dicht bewachsen vor. Hier wollten
wir Lager machen. Wir weichen auf die weiträumige Granitplatte neben dem
Katarakt aus. Hier hat das Wasser in vielen Jahrhunderten grosse Mulden geformt
die nun ausgetrocknet sind. Diese Felsmulden eignen sich fabelhaft als
Nachtlager und auch die Küche findet Platz in solch einer Vertiefung (Foto). Auf
den glatten warmen Granitplatten läuft man hervorragend Barfuss. Das Wasser
plätschert einladend zum Bade - wahrlich paradiesische Zustände und deshalb auch
einer meiner Lieblingsplätze im Brandberg. Wir haben genügend Zeit uns zu
erfrischen und faul auf den Felsplatten liegend die Nachmittagssonne zu
geniessen. Dann wird es Zeit die Gaskocher in Betrieb zu nehmen. Nach einem
langen Marsch tut warmer Tee und ein leckeres Abendessen wohl. Im warmen
Schlafsack gekuschelt gucken wir noch lange in den klaren Nachthimmel wo
Millionen Sterne funkeln und ab und zu eine Sternschnuppe fällt.
Unendlicher Reichtum an Felskunst
Am
Morgen beginnt unser Marsch mit dem Abstieg über steile Felsenplatten. Besonders
lieblich erscheint uns eine mit goldgelbem Gras bewachsene Fläche mit einigen
Bergakazien - die Silberweide. Ein weiterer steiler Aufstieg bringt uns zur
Riesenhöhle, einer geräumigen alten und sehr gut geschützten Wohnstätte mit
unzähligen eindrücklichen Felsmalereien. Im Schatten kolossaler Felsblöcke essen
wir zu Mittag und auch hier sind die Wände bemalt. Braun gesprenkelte Geckos
sitzen reglos auf den Felsen. Wenn sich eine Fliege nähert schlagen sie
blitzschnell zu und verspeisen eilig ihre Beute. Rot- und gelbköpfige Agamen
(Echsen) sonnen sich auf Steinen. Sobald man sich bewegt flitzen sie davon, nur
um kurz drauf an anderer Stelle über eine Kannte zu äugen. Wir steigen weiter
hinauf, überqueren einige Felsplatten und erreichen weit oben die Lufthöhle.
Ausser kunstvolle Malereien begeistert die herrliche Aussicht von dieser
halbrunden Felsenhöhle.
Fotos:
Felsmalereien in der Riesenhöhle und Lufthöhle
Abschied vom Brandberg
Da
wir dringend Wasser benötigen müssen wir einen kleinen Umweg in Kauf nehmen.
Vorsichtig steigen wir hinab in eine tiefe Felsspalte. Joe weiss, dass hier ein
schmales Becken lange Wasser hält. Nur eine Person kann sich in den engen Spalt
quetschen und mit einem Becker Wasser schöpfen. Das Wasser ist gut und wir
füllen unsere Flaschen auf. Aus dem langen Spalt ist nur ein schmales Band vom
blauen Himmel zu erblicken. Ein kurzer jedoch steiler Abstieg führt uns auf ein
langes Felsenband im obersten Teil der Amis Schlucht. Hier schlagen wir unser
letztes Berglager auf. Noch einmal geniessen wir die grandiose Aussicht im
Schein der Nachmittagssonne. Mit den Ferngläsern wird überprüft ob die Land
Rover noch unter dem Kameldornbaum parken und vor allem ob unsere Sonnenpaneele
noch an ihrem Platz liegen. Wir glauben die winzigen Vierecke weit unten zu
entdecken. Ein letztes Mal fauchen die Gaskocher während eine Bergmahlzeit aus
Trockenwurst, Reis und Trockengemüse entsteht. Die restlichen Tropfen Whisky
werden brüderlich geteilt und die Tüte mit dem Trockenobst macht die Runde. In
einer Sandmulde breiten wir die Matten und Schlafsäcke aus.
Fotos: Abstieg in der Amis Schlucht
Auf dem langen
steilen Abstieg die Amis Schlucht hinunter strahlt die Sonne erbarmungslos auf
uns nieder. Die Knie schmerzen und die Fusssohlen brennen. Während der
Mittagspause können wir noch einmal Felsmalereien betrachten, die unter Anderem
deutliche Exemplare von Ohrenschlangen erkennen lassen.
Rare Begegnungen
Im
unteren Teil der Schlucht gehen wir zu Dritt voraus. Wir wollen Fleisch für
unser Abendessen aus der Kühltruhe nehmen um es in der Sonne abtauen zu lassen.
Die Schlucht wird enger und schattig. Bei einer Quelle machen wir Pause und
trinken ein wenig Wasser. Auch weiter unten gibt es ein paar Wasserbecken und
einen dichten Schilfgürtel den wir umgehen. Plötzlich kommt auf einer vom Wasser
glatt polierten Felsenplatte völlig unerwartet eine Kobra auf uns
zugeschlängelt. Aus einiger Entfernung schaut eine schwarze Manguste
interessiert zu uns herüber und verschwindet sogleich hinter einem Stein.
Fasziniert beobachten wir wie die Kobra sich nähert. Es ist ein pechschwarzes
stattliches Exemplar. Aus Joes Erzählungen weiss ich, dass tiefschwarze Kobras
im Brandberg vorkommen. Die Kobra bemerkt mich. Ich bleibe regungslos stehen.
Langsam gleitet die herrliche Schlange in einen Felsspalt hinein und nur das
hintere Drittel schaut noch raus. Wir wollen die Kobra nicht reizen, denn in die
Enge getrieben können sie ihr Gift über mehrere Meter weit geradewegs in die
Augen sprühen. Auch die Manguste lugt noch einmal hinter ihrem Stein hervor um
dann endgültig zu verschwinden. Ich spekuliere, dass die Manguste die Kobra in
ihrem Versteck aufgespürt hat und als wir durch unser Erscheinen die Jagd der
Manguste auf die Schlange gestört haben, hat die Kobra die Flucht angetreten.
Mangusten sind äusserst erfolgreiche Schlangenjäger. Die schwarze Manguste (der
Schattenjäger) gibt es in einigen gebirgigen Gegenden Namibias. Sie ist kaum
erforscht und scheint eine Unterart der Schlankmanguste zu sein, die nur in
Namibia vorkommt. Wir freuen uns über diese fantastische Begegnung der ganz
besonderen Art, die gut in Erinnerung bleiben wird.
Nach einer
weiteren halben Stunde schweisstreibender Wanderung erreichen wir die Fahrzeuge.
Die Kühlschränke funktionieren bestens. Sogleich genehmigen wir uns gekühlte
Getränke und ziehen die Bergschuhe von den schmerzenden Füssen. Nach und nach
treffen die Anderen ein und nehmen freudig ihr erstes kaltes Bier in Empfang.
Erschöpft und zufrieden blicken wir hoch zum Brandberg. Wir sind sehr froh, dass
sich niemand ernsthaft verletzt hat und wir alle heile zurück sind. Die Tour war
grossartig und es ist ein echtes Privileg zwei Wochen lang wunderbare und
einsame Natur zu
genießen.
Am offenen
Feuer, im gusseisernen Dreibeintopf, bereiten wir zum Abschied ein Festmahl aus
Oryxfilet. Unter einem prachtvollen Sternenhimmel lassen wir das gemeinsame
Erlebnis ausklingen.
Wir hoffen,
unser Bericht hat Ihnen/Euch gefallen und wir freuen uns über Kommentare und
Zuschriften.
Ab 11.
September 2006 unternehmen wir eine Tour ins Sperrgebiet in Namibias Süden. Im
Oktober melden wir uns mit unserem Reisebericht darüber.
Inzwischen
schicken wir herzliche Grüsse aus Windhoek an all unsere Freunde.
Uschi & Joe
BESONDERE
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