360 Kilometer
Wüstenwanderung im Damaraland
360 Kilometer
Wüstenwanderung im Damaraland
Für Joe und mich
bot sich die Gelegenheit die Wanderer während 12 Tagen vom Ugab- bis zum
Hoarusib Revier als "back up team“ ehrenamtlich zu begleiten und zu betreuen.
Wir sagten spontan zu. Joe engagiert sich bereits seit Jahren aktiv für den
Nashornschutz in Namibia. Er organisierte 1989 die erste Wüstenwanderung, damals
über 200 Kilometer mit schweren Rucksäcken, deren Erlös dem seinerzeit noch
relativ unbekannten Save the Rhino Trust zugute kam.
In Windhoek
verladen wir einige Kartons mit Lebensmitteln, wie Früchte- und Müsliriegel
sowie weitere für Wanderer geeignete Verpflegung, die von namibischen Firmen
gestiftet wurden. Da sind Jill
und Bruce aus England, beide über 60 Jahre alt und enthusiastische Wanderer.
Bruce als Vorsitzender der "David Shepherd Foundation“ unterstützt den Save the
Rhino Trust seit Jahren. Dann Gary, er lebt seit 16 Jahren in Namibia und leitet
Kamel Patrouillen
im Damaraland die zum Schutze von Nashörnern und anderen Wildtieren durchgeführt
werden und bei denen seit neuesten auch interessierte Touristen teilnehmen
können. Weiter nehmen teil, Sebulon, der als Fährtenleser beim Save the Rhino
Trust angestellt ist und Bernd, ebenfalls vom Save the Rhino Trust, ist der
Führer der Gruppe. Die beiden Hunde, Shamira (Ridgeback/Boerbull Mischling) und
Tsotsi (Dalmatiner), dürfen auch mitlaufen. Joe und ich steuern die beiden
Begleitfahrzeuge, mit der Verpflegung und Ausrüstung für alle an Bord und die
Gruppe kann jederzeit Funkkontakt zu uns aufnehmen. Auf weiten Umwegen, da die
Wanderroute meist nicht befahrbar ist, wählen wir am allabendlichen Treffpunkt
einen geeigneten Lagerplatz, laden die Ausrüstung ab, errichten die Feldküche
mit einem Campfeuer und brauen unzählige Liter Tee vor Ankunft der durstigen
Wanderer. Die Hunde bekommen frisches Wasser. Täglich müssen zirka 30 Kilometer
zu Fuss in unwegsamen, meist steinigen Wüstengelände zurückgelegt werden. Für
die Fahrzeuge ist die Distanz oft doppelt so weit. Das klingt nicht viel, es
muss jedoch bedacht werden, dass die schwer beladenen Land Rover oft nur in
Schrittgeschwindigkeit durch schwieriges Gelände sicher navigiert werden müssen.
Nachdem die Wanderer frühmorgens losgelaufen sind, nimmt das säubern des
Geschirrs, das zusammenpacken des Camps sowie das Verladen der Fracht ungefähr
zweieinhalb Stunden in Anspruch bis wir endlich abfahren können. Nicht selten
erreicht die Wandergruppe vor uns das Mittagsziel sofern es die Route erlaubt,
dass wir uns überhaupt tagsüber treffen können.
Die Wandergruppe
ist bestrebt in den kühleren Morgen- und Vormittagsstunden so viele wie mögliche
Kilometer zurückzulegen. Mittags wird im spärlichen Schatten eines Busches oder
Strauches gerastet und am Nachmittag muss der Rest der Strecke marschiert werden
bis das Feldcamp erreicht ist.
30.08.2007: Nachts
um zwei wacht Bernd auf. Die Hunde starren auf eine Gruppe Tamarisken. Mondlicht
erhellt die Umgebung. Unweit vom Camp scharrt ein Nashorn im Sand. Nach einer
Weile zieht es sich mit einem typischen grunzlaut zurück. Am frühen Morgen wird
die Spur gemessen. Die 19 cm breite Hinterspur wird als die von
Karli,
dem dominanten Bullen der Gegend identifiziert. Bernd erzählt, dass Karli, als
er nach seinen Babyjahren seine Mutter verlassen hatte, einmal eine ganze Nacht
lang neben Blythes Land Rover verbrachte –sie übernachtete auf dem Dachträger,
und Karli rieb sich am Land Rover und gab klägliche Laute von sich.
Um 06.10 Uhr laufen
die Wanderer in nordwestlicher Richtung davon. Durch die Mikberge soll der Huab
erreicht werden. Ein kühler Westwind macht die Temperatur erträglich. Unterwegs
werden Bergzebras, Oryx und Springböcke gesichtet sowie Bergschmätzer,
Namaflughuhn, Ludwigs- und Rüppelstrappe. Spuren von Stachelschweinen und
Suricaten werden entdeckt. Als wir von einer Anhöhe aus mit dem Fernglas das
Gelände nach den Wanderern absuchen, entdecken wir auf einem Stein eine hübsche
dünne Schlange (Dwarf Beaked Snake). Später, oben auf der Wasserscheide warten
wir auf die Wanderer. Im baum- und strauchlosen Gelände ist das Schattendach der
Land Rover ein willkommener Rastplatz für die Mittagspause. Die Hunde suchen
sich die kühlsten Plätze unter den Fahrzeugen aus.
31.08.2007: Wecken
ist wie jeden Tag um 04.30 Uhr. Ein Kapfuchs hält sich in Campnähe auf.
Feuchtigkeit, eisige Kälte, dichter Nebel und reglose Stille liegen über dem
Gebiet. Zum Frühstück wird noch mehr heisser Tee als sonst getrunken. Um 06.40
Uhr entschwinden die Wanderer im Nebel. Nur die dünne Fahrspur dient ihnen als
Orientierungshilfe. Schemenhaft werden einige Oryxantilopen mit ihren kaum drei
Monate alten Jungen wahrgenommen. Drei Löffelhunde werden entdeckt. Die Sicht
beträgt kaum 100 Meter. Die Wandergruppe erreicht den Huab, da lichtet sich der
Nebel und grandiose Bergkämme werden frei. Frische Elefantenspuren führen in
östliche Richtung. Vorsichtig bewegen die Wanderer sich zwischen den kleinen,
mit Salzbüschen bewachsenen Sanddünen hindurch, können die Elefanten jedoch
nicht sichten.
Fotos der
Wanderer:
01.09.2007: Einer der
anstrengendsten Wandertage bisher. Nach einem dreistündigen straffen Aufstieg
erreichen wir die Wasserscheide Huab/Springbok Revier. Vorher bei der Uwibib
Quelle stoßen wir auf frische Nashornspuren, die jedoch wiederum in die falsche
Richtung führen. Einen sandigen Revierlauf folgend, sichten wir Oryx und Kudu.
In der Ferne sehen wir das Springbok Revier und ein langer steiniger Abstieg
über typisch für diese Gegend gerundetes Basaltgestein beginnt.
02.09.2007 Frühmorgens, die
gleiche Routine wie in den vergangenen Tagen, 04.30 Uhr wecken, Frühstücken,
Rucksäcke packen und um 06.00 Uhr Abmarsch in freudiger Erwartung. Auf Grund der
Spuren halten sich drei Nashörner, teils mit Kälbern in diesem Gebiet auf. Nach
30 Minuten sichten die Wanderer eine junge Nashornkuh am Berghang. Ein starker
Wind weht vom Südosten. Die Richtung ist günstig und so kann sich die Gruppe auf
knapp 70 Meter an das Nashorn heranpirschen ohne es zu stören. Das Tier wird
identifiziert und wissenschaftliche Daten auf Standardformularen eingetragen.
Über zwei Stunden später, als
Joe und ich mit den Fahrzeugen kommen, erblicken wir die ca. 7-8 Jahre alte
Nashornkuh auf einem mit Beseneuphorbien, Euphorbia damarana, bewachsenen
Grashang. Auch wir haben Glück mit der Windrichtung und können das Tier
ausgiebig beobachten. Die Wandergruppe stößt auf frische Löwen- und
Hyänenspuren. Mittags gibt es Gelegenheit im „Round River Conservation study
camp“ (Wereldsend) zu duschen, was bei hohen Hitzegraden höchst willkommen ist.
Wunde Füße werden gepflegt und Blasen behandelt und verpflastert. Wir nehmen
weitere 15 Kartons gespendetes Mineralwasser auf, dann geht es weiter.
03.09.2007: Ein aufregender Tag!
Die Wandergruppe sichtet und beobachtet frühmorgens ein Nashorn mit Kalb und
folgt den frischen Spuren von zwei ausgewachsenen Löwen bis zu einer
Wasserstelle. Der Geruch der Löwen hängt stark in der Luft. Manch einem ist
nicht wohl in seiner Haut und die Wanderer laufen misstrauisch in weiten Bögen
um die dichten Salvadora persica Büsche herum.
04.09.2007 Frühmorgens zieht
dichter Nebel über uns hin. Eine frische Spur verrät nächtlichen Nashornbesuch
in Campnähe. Die Wandergruppe bricht trotz nasskaltem Wetter zeitig auf - ihre
Route führt durch die Berge. Joe und ich fahren im weiten Bogen durch das Unjab
Revier und später im Urunendis Revier bergan. Die Fahrt ist nicht weiter
schwierig, wenn man sich gut auskennt. Wir verfolgen über viele Kilometer im
groben Sand die Spur eines großen Wüstenelefanten, holen ihn aber nicht ein.
Sein Fußabdruck misst 58-60 cm. Weit vor uns ragen markante Gipfel am Horizont
empor. Dazwischen breiten sich ausdrucksvoll geschwungene Hügel und Täler aus,
die von jahrhunderte alten Wildpfaden durchkreuzt und von Spülrinnen seltener
Regenfälle durchzogen sind. Die Umrisse dieser Landschaft hat Blythe Loutit
gerne in zarten Farbtönen in ihren Gemälden festgehalten und eines ihrer
wunderbaren Kunstwerke hängt bei uns zu Hause an der Wand.
Jeder Tag beschert Höhepunkte
und wir fühlen uns privilegiert, Teil dieser Unternehmung zu sein. Die Schuhe
und Füße der Wanderer sehen täglich lädierter aus (und auch die Pfoten der
Hunde), jedoch der Geist der Sache lässt niemanden klagen, im Gegenteil, jeder
einzelne schwelgt in Begeisterung. Es würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen
jeden Tag detailliert zu beschreiben. Wir hoffen jedoch, ihnen das Erlebte ein
wenig nahe gebracht zu haben.
Unermüdlich werden jeden morgen
die Wanderschuhe über die schmerzenden Füße gestülpt um mit viel Enthusiasmus
dem Ziel entgegen zu streben. Am 09.09.2007 erreichen alle den Hoarusib Fluss
bei Puros. Es ist vollbracht, genau 344 Kilometer wurden vom Ugab Rhino Camp bis
hier zurückgelegt. Im Gomatum Revier, unter gigantischen Anabäumen,
Faidherbia albida, schlagen wir noch einmal unser Camp in der Wildnis auf
und verbringen eine letzte Nacht unterm Sternenhimmel. Dann kehren wir nach
Palmwag zurück, wo sich das Basiscamp des Save the Rhino Trust befindet. Am
Abend, in der Palmwag Lodge, bei einem spektakulären Sonnenuntergang und einem
köstlichen Dinner feiern wir den Erfolg und Abschied.
Mit besten Wünschen grüssen
Joe und Uschi, das Back-up-Team |