NAMIBIA - März
/ April 2008
Newsletter Wir begleiten eine wissenschaftliche Expedition mit EduVentures Schülern in die Aha Berge
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NAMIBIA - März
/ April 2008
Newsletter
Wir begleiten
eine wissenschaftliche Expedition mit EduVentures Schülern in die Aha Berge
Einige von Ihnen mögen sich erinnern, dass wir
vor etwa einem Jahr einen Spendenaufruf für die EduVentures Expedition im April
2007 an Sie richteten. Dank spontaner Unterstützung konnte damals die Exkursion
erfolgreich durchgeführt werden.
Dieses Jahr, vom 3. bis 15 März 2008, fand die
"2nd Science EduVentures“ eine auf die vorjährige Tour aufbauende
wissenschaftliche Forschungsreise statt. Das Ziel der Unternehmung ist, dass
Namibische Schüler aus unterschiedlichen sozialen Verhältnissen, unter Anleitung
internationaler Wissenschaftler, Feldforschung betreiben. Das Forschungsgebiet
liegt weit im Nordosten Namibias, abseits befestigter Strassen in der Kalahari
Wüste – dem Lebensraum von seltenen Skorpionen, exotischen Insekten und
einzigartigen Spinnentieren. Es ist auch das Land der Ju/’hoan San, bekannt als
Buschmannland.
Die EduVentures Mitbegründerin Tharina Bird
-Spinnenkundlerin am Nationalmuseum in Windhoek- fragte Joe und mich ob wir die
Expedition mit Gelände-Fahrzeugen, Campingausrüstung sowie mit unserer
Wildniserfahrung unterstützen und persönlich begleiten möchten. Wir sagten
spontan zu.
Labor unterm
Affenbrotbaum
Sechs Fahrzeuge mit zwei Anhängern und knapp 30
Personen – fünfzehn Schüler, darunter drei Gehörgeschädigte, eine Übersetzerin
für die Gebärdensprache, sechs internationale Wissenschaftler und Mentoren, ein
6-köpfiges Filmteam und wir - verlassen Windhoek. Nach drei Reisetagen –mit
Verzögerungen und Pannen- erreichen wir abends unser Basiscamp am Fuße der Aha
Berge, ca. 100 Kilometer südöstlich von Tsumkwe im Nyae Nyae Hegegebiet. Ein
Affenbrotbaum bildet das Zentrum unseres „Klassenzimmers“. Um den Baumriesen
herum bauen wir Unterstände für die Forschungsarbeiten und die Campküche auf.
Ein geräumiges Armeezelt dient als Lager für Lebensmittelvorräte und Ausrüstung.
Der
nun leere Ausrüstungs-Anhänger wird mit einem großen Schatten- bzw.
Regensegeltuch überspannt und beherbergt die kostbare Filmausrüstung während der
Nacht und dient tagsüber als Werkstatt für Wartungsarbeiten in den Drehpausen.
Daneben stehen die vier Zelte für das Filmteam aus Deutschland, die das
EduVentures Abenteuer in einem Dokumentationsfilm festhalten. Der Film soll im
Spätsommer in Deutschland und Frankreich von ARTE ausgestrahlt werden. Weitere
Zeltgruppen dienen den Wissenschaftlern und Mentoren sowie den jungen Forschern
als Unterkunft. Auf einer geraden freien Fläche parkt unser Solar-Anhänger, ein
Hightech Gerät von der Desert Research Foundation, das mit Sonnen- und Windkraft
Energie für unsere vielfältigen elektrischen Bedürfnisse erzeugt. Oberste
Priorität erhalten die Akkus für die Filmgeräte. In angemessener Entfernung vom
Camp werden zwei Gruben ausgehoben und mit transportablen Toilettensitzen,
Papierrollen und Spaten versehen – je eine, für weibliche und männliche
Expeditionsteilnehmer. Eine mit Plastikplanen umspannte Baumgruppe bietet
Privatsphäre für die Körperpflege mit der Waschschüssel. Wo
finden wir Wasser?
Am
nächsten Tag muss als erstes die Wassersituation geklärt werden. Für dreißig
Personen ist der Bedarf beachtlich, selbst bei äußerst sparsamem Verbrauch.
Einige Buschmann Kommunen in der Umgebung verfügen über Brunnen mit Solarpumpen.
Bald stellt sich jedoch heraus, dass die Meisten nicht funktionieren – entweder
von Elefanten zerstört oder technisch defekt sind. Bei einer Sippe, in ca. 20
Kilometern Entfernung dürfen wir im Tausch gegen Naturalien unsere Kanister
füllen. Die Fahrt dorthin dauert jedoch über zwei Stunden, hin und zurück. In
unserer Nähe liegt das Dorf N!umdi und als die Etnobotanische Arbeitsgruppe dort
ihr Projekt mit den San aufnimmt, geben die Buschleute bereitwillig den Standort
ihrer Wasserpumpe preis, die glücklicherweise nur wenige Kilometer von unserem
Basiscamp entfernt liegt, jedoch nur bei Sonnenschein funktioniert.
Kalahari
Erkundungsfahrten
In der Kalahari brennt die Sonne normalerweise
unbarmherzig. Jedoch befinden wir uns in den letzten Wochen der Regenzeit und
dickbäuchige Wolken patrouillieren täglich am Himmel und lassen es hier und da
kräftig regnen. Auch über unserem Basiscamp gehen zwei gewaltige Wolkenbrüche
nieder und stürzen den Forschungsbetrieb vorübergehend tüchtig ins Chaos. Dafür
zeigt die Natur sich von ihrer lieblichsten Seite, der Busch ist üppig grün und
es erblühen Blumen die sonst nicht oft blühend gefunden werden. Wir sammeln und
pressen einige Exemplare für das Herbarium in Windhoek und für die Universität.
Das besteigen eines Aha Hügels erweist sich als
schwierige Unternehmung. Dichte Vegetation umwuchert den Berg. Wir sehen kaum wo
wir hintreten und kämpfen uns durch mannshohes Gras, Kräuter, lästige
Klettpflanzen und brennende Disteln. Die Marulabäume sind dicht belaubt und
tragen bereits Früchte, die jedoch leider noch unreif sind. Die Luft ist feucht
und heiß und der Schweiß tropft unablässig. Joe entdeckt an einer Felswand
einige rotbraune Farbflecke, deren Umrisse uns vermuten lassen, dass es sich
unter Umständen um die Überreste einer alten Felszeichnung handeln könnte. Joe
informiert die Archäologische Gruppe von seinem Fund und die Daten werden
aufgenommen. Wo der dichte Busch sich öffnet blicken wir über das Grün der
endlosen Kalahari und erspähen hier und da gigantische Affenbrotbäume die das
Buschwerk überragen.
Andere Ausfahrten zu großen Lehmpfannen im
Buschmannland müssen wir abbrechen. Die Fahrspuren sind teilweise so
überwuchert, dass ein Durchkommen unmöglich scheint. An anderen Stellen
verhindern überschwemmte Flächen die Weiterfahrt, lange bevor die eigentliche
Pfanne beginnt. Jedoch überall ist die Natur herrlich grün und interessant und
regt zu zahlreichen Exkursionen zu Fuß an. Wir besuchen einige Buschmann
Siedlungen, unterhalten uns so gut es geht mit den Menschen – Joe kann sich in
Afrikaans verständigen – und wir bewundern die Kunstwerke und hübschen
Schmuckstücke die von den Buschleuten aus Naturmaterialien hergestellt werden –
die einzige Einnahmequelle der Bewohner die sonst vornehmlich vom Sammeln von
Wurzeln, Schoten und Früchten leben. Die Gegend wird von der Regierung kaum
entwickelt.
Die
Forschungsgebiete der fünf Arbeitsgruppen
Die EduVentures Solar Gruppe besucht
Buschmannsippen und klärt diese über die praktische Benutzung von
energiesparenden Öfen zum bereiten von Mahlzeiten auf. Die Schüler aus Windhoek
sind überrascht zu lernen, dass in ihrem eigenen Land Menschen unter so
primitiven Umständen überleben und oft nicht mehr als eine Mahlzeit pro Tag zu
sich nehmen. Es soll auch herausgefunden werden wie Solarenergie die Lebensweise
vereinfachen bzw. die Lebensqualität der Bevölkerung verbessern könnte.
Die Etnobotanische Arbeitsgruppe zieht mit
Buschleuten ins Feld und lernt welche Pflanzen und Käfer zum verzehr geeignet
und gesammelt werden und was zu welcher Jahreszeit vorkommt. Im Dorf lernen sie
wie Geräte des täglichen Gebrauchs hergestellt werden und welche Materialien
dafür Verwendung finden. Auch erkundigen sich die Schüler wie das Leben früher
war und erfahren wie die Alten Jagdbögen und Pfeile herstellen.
Eine andere Gruppe erforscht Spinnentiere und
Skorpione und ist oft bis spät in der Nacht unterwegs. Manche Exemplare werden
fürs Museum gesammelt. Es werden jedoch auch Gebiete abgesteckt in denen
Skorpione gekennzeichnet und deren Lebensweise regelmäßig beobachtet werden. Die
Daten werden tagsüber aufgezeichnet und per Laptop verarbeitet.
Die Arbeitsgruppe der Gehörgeschädigten
bearbeitet ebenfalls ein Gebiet indem sowohl tag- als auch nachtaktive Käfer und
andere Insekten gefangen werden. Dabei wird auf das Vorkommen besonderer
Anpassungsmerkmale wert gelegt. Abends wird eine Lichtfalle aufgebaut um Falter
und Motten zu sammeln. Die Schüler lernen wie die Exemplare für das Museum
konserviert und fachmännisch präpariert und aufbewahrt werden.
Die Archäologische Gruppe packt ihre Rucksäcke
und wandert zu den verstreut liegenden Aha-Bergen die nicht mit dem Fahrzeug
erreicht werden können. Die Übernachtung ohne Komfort unter freiem Himmel ist
gleichsam für Schüler, Wissenschaftler und für das Filmteam eine besondere
Herausforderung. Die Gegend um die Berge wird abgesucht nach Hinweisen auf alte
Wohnstätten und Artefakte die auf frühe Besiedelung hinweisen könnten. Jede Gruppe wird von einem Wissenschaftler und
Mentor geführt, angeleitet und unterrichtet.
Neben der wissenschaftlichen Arbeit werden
täglich andere Schüler eingeteilt die auch bei praktischen
Arbeiten im Basiscamp sowie bei der Zubereitung
von Mahlzeiten zur Hand gehen, denn auch kameradschaftlicher Geist und soziales
Verhalten sollen vermittelt und geübt werden.
Bis wir uns
versehen ist die Zeit um und wir treten die lange Heimreise Richtung Windhoek
an. Schwarze Gewitterwolken stehen drohend am Horizont. Regenschauer und
aufgeweichte, verspülte Schotterpisten erschweren die Fahrt und wir sind froh
als wir nördlich von Grootfontein die Teerstrasse erreichen.
Mehr Informationen
über die Projekte von EduVentures:
www.eduventures-africa.org
Unser nächstes Reiseziel im grünen Namibia ist
die Wüste nördlich vom Ugab Revier, die Mikberge mit einigen Wanderungen in
schwer zugängliche Seitentäler und das Gebiet beim Huab Revier. Im Anschluss an
die Tour möchten Joe und ich noch einige Tage am Brandberg verbringen der dieses
Jahr besonders gute Regenfälle erhalten hat und verspricht ein grandioses
Naturerlebnis zu werden.
Wir sind vom 26. April bis ca. 11. Mai 2008
unterwegs und nicht erreichbar. Unsere E-Mails beantworten wir vor dem
26.04.2008 oder nach unserer Rückkehr.
Wir freuen uns – wie immer – auf Zuschriften und
Kommentare. Im Juni 2008 melden wir uns mit unserem nächsten Newsletter aus
Namibia.
Herzlich grüssen
aus Windhoek
Uschi + Joe
Foto: Joe und Uschi mit einer
Vogelspinne |