NEWSLETTER September 2008

"SAVE THE RHINO TRUST"

360 Km Wüstenwanderung in 12 Tagen

durch 25'000 qkm Nashorngebiet

in Erinnerung an Blythe Loutit

Fotos: Uschi Kirchner

Während der Zeitspanne vom 28.08. bis 12.09.2008 waren wir ehrenamtlich für den "Save the Rhino Trust“ unterwegs. Zum zweiten Mal wurde eine 360 Kilometer lange Wüstenwanderung vom Ugab Rhino Camp bis zum Hoarusib Revier organisiert. Joe und meine Aufgaben waren die Führung der Begleitfahrzeuge sowie der Transport von Ausrüstung und die Verköstigung der Wandergruppe.

 Ich mache mich an die Planung der Mahlzeiten für fünfzehn Teilnehmer und stelle die Einkaufslisten zusammen. Die PR-Dame, Karen Taylor Moffett, vom Rhino Trust in Windhoek bemüht sich um Sponsoren und den Rest müssen wir gemeinsam Einkaufen. Schlussendlich haben wir fünf vollgeladene Einkaufswagen, die irgendwie verstaut werden sollen. Die Tische in unserer Garage biegen sich unter der Last von Lebensmitteln. Stundenlang beschriften wir Packungen und Dosen und verpacken alles sinnvoll.

Das frische Obst und Gemüse bestellen wir in Swakopmund. Aus Platzmangel, da nur zwei Fahrzeuge aus Windhoek anreisen, muss es von dort direkt an den Ausgangpunkt transportiert werden.

An einem herrlichen Wintertag, bei tiefblauem Himmel verlassen wir Windhoek. Eine Tagesfahrt, vorbei am Brandberg und an den markanten Goboboseb Bergen, führt uns zum Ugab, an dessen Ufer das Rhino Camp liegt. Bernd Brell, der Wanderführer und Leiter vom SRT (Save the Rhino Trust), mit seiner Familie ist bereits dort. Am folgenden Tag treffen alle Teilnehmer sowie zwei Spurenleser vom SRT ein. Drei Engländer kommen etwas verspätet mit einem Kleinflugzeug aus Windhoek an und müssen am 35 Kilometer entfernten Flugfeld abgeholt werden. Gemeinsam fahren wir, mit insgesamt fünf Fahrzeugen, 12 Kilometer Ugab aufwärts zu unserem ersten Wildniscamp und dem Ausgangspunkt der Wanderung. Während die Neulinge sich mit der Ausrüstung vertraut machen, widmen die Wildnis Erfahrenen sich der Zubereitung des Abendessens. Dabei lernt man sich rasch kennen.


Fotos: Die Wandergruppe bricht nach Sonnenaufgang zur ersten Tagesetappe auf + die Begleitfahrzeuge unterwegs

Fahrerische Herausforderung

Lange ehe der Schein der Morgendämmerung am Horizont auftaucht sind Joe und ich in der Campküche tatkräftig beim Frühstück vorbereiten und literweise Tee und Kaffee aufbrühen. Die Wanderer laufen bei Sonnenaufgang los. Wir haben noch knapp zwei Stunden zu tun bis das Camp abgebrochen und alle Ausrüstungsgegenstände auf den Fahrzeugen verstaut sind. Als erste Herausforderung für Fahrzeuge und Fahrer ist ein extrem steiniger und steiler Pass zu bewältigen. Alle Fahrer schaffen die Hürde souverän. Wir erreichen ein schroffes Plateau und später Granitformationen und sandige Pad. Herrliche Ausblicke auf den Brandberg öffnen sich zu unserer Rechten. Nach einigen vergeblichen Versuchen bekommen wir Funkkontakt mit der Wandergruppe. Alles ist OK. Nach längerem suchen mit dem Feldstecher entdecken wir die Truppe – zehn winzige Punkte im Gelände.

Nashornspuren

Gegen Mittag finden wir im sandigen Revierlauf die ersten frischen Nashornspuren. Etwas später stöbert Joe, der zuvorderst fährt, eine Kuhantilope auf die sofort flüchtet. Diese Tiere sind hier ursprünglich nicht heimisch, jemand hat einige Exemplare ausgesetzt. Wir notieren die GPS Koordinaten.
In einer Revierbiegung stellen wir am Spätnachmittag unser Camp auf. Zwei große Anabäume, Faidherbia albida, bieten Schatten. Von einer Felskuppe aus erblicken wir im Revier, zwischen dem Geäst von Kameldornbäumen einige Giraffen. Die Nacht bleibt ruhig. Wir vernehmen keine Wildtiere in Campnähe.

Durch wilde Berge von Trockenfluss zu Trockenfluss

Frühmorgens marschiert die Wandergruppe los. Am Doroskrater vorbei und über weitläufige Flächen auf die Mikberge zu. Sie treffen auf Oryxantilopen und Zebraherden. Einer der Hunde spürt eine Hornviper, Bitis caudalis, auf und ein Chamäleon wird gesichtet. Der Konvoi muss einen Umweg fahren. Unterwegs besichtigen wir versteinerte Bäume und einen Canyon mit Basalttürmchenwänden. Mittags treffen wir die Gruppe. Dann fahren wir voraus um südlich vom Huab das Camp zu errichten.


Fotos: Die Begleitfahrzeuge in der Wüste + die Wandergruppe kommt im Camp südlich vom Huab Revier an

Am folgenden Tag durchfahren wir den Huab. Vorbei an gigantischen Sandsteintürmen erreichen wir die verfallene Farm Krone wo wir am alten Brunnen frisches Trinkwasser bunkern. Wir müssen dem Huab Revier weit Richtung Westen folgen bis wir eine geeignete Durchfahrt ins richtige Tal finden. Die Wanderer laufen mitten durch die Berge und die Begleitfahrzeuge müssen wiederum einen großen Bogen durch unwegsames Gelände fahren. So ist’s nicht verwunderlich, dass die Fußgänger lange vor uns das Springbockrevier erreichen. Vergeblich halten wir Ausschau nach Wüstennashörnern. An einer natürlichen Wasserstelle gibt es zwar Spuren, jedoch kein Rhino. Heute stehen am Abendhimmel die Mondsichel und Venus nahe beieinander. Eine Teilnehmerin hat Geburtstag was mit leckrem Grillfleisch und –Würsten gefeiert wird. Außerdem verabschieden wir Rudi Loutit, der die Gruppe frühzeitig verlassen muss um anderen Verpflichtungen nachzukommen. Mit ihm gehen seine drei Hunde.


Fotos: Unterwegs zwischen Sandsteinformationen + Wandern macht hungrig - bei der Essenausgabe

Ein spannender Tag

Nach holpriger Fahrt erreichen wir Wereldsend, eine Farm am Rande des Konzessionsgebietes und unsere erste Gelegenheit zum Duschen. Ein 200 Liter Fass Diesel wurde für uns deponiert. Wir füllen die Tanks auf und schon geht die Fahrt weiter. Bisher wurde kein Nashorn gesichtet. Mit großer Aufmerksamkeit betrachten wir das Gelände. Am Achab treffen wir auf die Wandergruppe. "Was gibt’s, ist alles in Ordnung?" fragen wir. "Die Spurenleser sind voraus gelaufen, denn überall wimmelt es von frischen Löwenspuren“, bekommen wir zur Antwort. Wir fahren langsam voraus. Unsere Blicke scannen die Bäume und Büsche im Achab Trockenfluss. Unter einem großen Schattenbaum, auch hier ist der Boden bedeckt mit deutlichen Löwenspuren, sitzen die beiden Fährtenleser. Sie zucken mit den Achseln. Es wurden keine Löwen entdeckt!  Die Situation bleibt spannend. Wir fahren wiederum langsam voraus um uns nicht allzu weit von der Wandergruppe zu entfernen. An einer natürlichen Wasserstelle suchen wir die hellgrünen Salvadora Buschgruppen nach Löwen ab – nichts ist zu erblicken. Zögernd nähern sich einige Oryxantilopen der Quelle. Auf einem kleinen Plateau spannen wir die Schattentücher auf und erwarten die Wanderer zur Mittagsrast. Dann führt die Fahrt Achab abwärts. Bei einer natürlichen Wasserstelle konzentrieren wir uns noch mal aufs Aufspüren von Großwild – jedoch wiederum erfolglos. Joe führt die Wandergruppe zu einer Stelle mit alten Felsritzungen. Anschließend fahren die Fahrzeuge bis zur Achabmündung voraus um einen geeigneten Campierplatz ausfindig zu machen.

 
Fotos oben: Bei der Quelle am Achab Revier  + Wildniscamp bei der Achab Mündung

Fotos: Beim abendlichen Braai (Grillen) und der Abfall muss zerkleinert und mitgenommen werden.

Nashornbeobachtung

Am folgenden Tag muss der Konvoi einen weiten Umweg fahren um mittags auf die Wanderer zu treffen. Frühmorgens, in der dichten Ufervegetation sichten wir viele Giraffen, deren Köpfe über den Baum- und Buschwipfeln herausschauen und die neugierig der brummenden Fahrzeugkolonne nachblicken. In einem weiten Flussbett fahren wir auf sandiger Piste stetig bergan und herrliche Ausblicke auf markante Gipfel des Damaralands öffnen sich vor uns in der Ferne. Plötzlich stoppt Joe im vorderen Fahrzeug. Gestikulierend deutet er uns an, dass wir anhalten und die Motoren ausschalten sollen. Ich gebe die Nachricht per Handzeichen an die nachkommenden Fahrzeuge weiter. In Joes Richtung mache ich ein Zeichen für Nashorn und bekomme ein Kopfnicken zur Antwort. Gemeinsam pirschen wir zu Fluss in weitem Bogen und gegen den Wind auf eine größere Buschgruppe zu. Alle blicken gespannt nach vorne. Dann entdecken wir das Nashorn und erstarren in der Bewegung. Es ist schwierig näher ran zu kommen ohne das Tier zu stören. Joe schleicht sich alleine behutsam näher. Er deutet uns etwas oberhalb hinter einem Abbruch entlang eine Erhebung zu erklimmen. Wir halten uns gebeugt dicht am Boden in Deckung. Von hier können wir das Nashorn mit dem Fernglas beobachten, jedoch verschwindet es zeitweilig hinter Büschen und taucht an einer anderen Stelle wieder auf.

Schließlich müssen wir weiter. Nach fünfundvierzig Minuten Fahrt durch herrliche Landschaft treffen wir die Gruppe bei der Urunendisquelle. Bei der Wasserstelle müssen die Batterien einer automatischen Kamera, die Aufschluss über Wildtierbewegungen gibt, ausgetauscht werden. Die Speicherkarte gibt den Besuch eines herrlichen Leoparden preis. "Ob er wohl noch irgendwo in der Nähe im Riedgras kauert?" Ein Teilnehmer blickt sich verunsichert um. Die Gruppe hat auch heute auf ihrer Wanderroute kein Nashorn entdeckt und wir beraten, ob wir mit allen Teilnehmern zurück zu unserem Nashorn fahren sollen. Schlussendlich besteigen sie die Fahrzeuge und wir fahren zurück. Ein Spitzmaulnashorn in freier Wildbahn sieht man ja schließlich nicht alle Tage. Der Wind steht noch günstig. Die letzten 500 Meter gehen wir zu Fuß. Welch ein Glück! Statt einem Nashorn stehen nun drei neben dem giftgrünen Salvadora persica Busch. Enthusiastisch notiert das SRT Team wichtige Daten und Kennzeichen der Tiere. Die Nashornkuh mit dem nahezu erwachsenen Kalb sind alte Bekannte. Jedoch der Nashornbulle wurde seit zweieinhalb Jahren nicht mehr gesichtet. Das ist ein absoluter Höhepunkt. Jetzt am Spätnachmittag sind die Tiere aktiv und wir haben geradezu ideale Möglichkeiten die drei Nashörner zu beobachten. Als es bereits dämmert beeilen wir uns zu unserem Wildniscampingplatz in der Nähe der Khaias Wasserstelle zu kommen. Heute wird im dunklen das Camp aufgestellt und Essen gekocht, freilich rechtfertigt das besondere Erlebnis die Verspätung.

 Wüstenimpressionen

Am nächsten Tag müssen wir, das Begleitteam, bei der Khaiasquelle Trinkwasser schöpfen. Wir sind Zweieinhalbstunden beschäftigt bis Becher für Becher alle Kanister gefüllt, zu den Fahrzeugen geschleppt und verstaut sind. Auf der Fahrt am Rande des Obob Revier entlang, halten wir wiederum Ausschau nach Wild. Einige Giraffen äsen an den Büschen im Revierlauf. Auch Oryx und Strauße sehen wir häufig. Hinter der Tamarisk Wasserstelle wird die Wüste karg. Endlose rotbraune, steinige Flächen bieten kaum Abwechslung im Landschaftsbild, was allerdings auch seine Reize hat. Hier und dort gedeiht Zygophyllum simplex auf dem kargen Boden. Die eigenartigen giftgrünen Muster regen die Phantasie an. Auf so endlos, öden Oberflächen wirkt sogar dies schlichte Pflänzchen spektakulär. Ein ausgetretener Nashornwechsel kreuzt unsere Fahrspur, der rechts und links ins weite Nichts verläuft. Flimmernde Luftspiegelungen narren das Auge. Wir fragen uns, was es wohl in der einen oder anderen Richtung so interessantes gibt, dass dieser Wechsel so rege begangen wird. Wären wir Nashörner wüssten wir es.


Fotos: Eine Gottesanbeterin und Zygophyllum simplex Pflanzen mit Luftspiegelungen im Hintergrund

Im Mudorib-, Hoanib- und Sawurogab Revier fahren wir fast die gleiche Route welche die Wanderer laufen, jedoch etwas später, da wir abermals Wasser besorgen müssen. Zwei Fahrzeuge mit einigen Teilnehmern fuhren heute früh nach Hause, da berufliche Pflichten rufen. Neben einer Felswand treffen wir auf einen frischen Riss. Die Löwen müssen den zu dreiviertel gefressenen Oryx verlassen haben als sie die Wanderer witterten. Aufgrund der frischen Spuren gehen die Löwen nun vor den Fußgängern her im Flussbett hinauf. Der Wind weht allerdings auch talaufwärts und treibt den menschlichen Geruch zu den Löwen. So bekommen wir, trotz größter Aufmerksamkeit, die Wildkatzen nicht zu sehen. Wer weiß, vielleicht wurden wir von einem Hügel oder aus einem Seitental von gelben Katzenaugen beäugt?


Fotos: Landschaften im Sawurogab Revier

Weitere zwei Tage, durch liebliche Berglandschaft, führen uns zum Ziel am Hoarusib Trockenfluss bei Purros wo die Wandergruppe auf eine Herde Wüstenelefanten stößt die ihnen die Route lange blockiert bevor sie auf den, nur noch aus zwei Fahrzeugen bestehenden, Konvoi stößt. Es ist vollbracht. 360 Kilometer Wüstenwanderung, eine enorme körperliche Leistung durch wegloses, steiniges Gelände unter glühender Tropensonne.

Erforschung von Wüstenlöwen

In Purros treffen wir den bekannten Wüstenlöwenforscher, Dr. Flip Stander und informieren uns über seine Arbeit. Zwei Löwinnen mit zwei Jungen sowie ein Mähnenlöwe halten sich im Hoarusib unweit der Siedlung Purros auf. Die Situation ist kritisch. Die Löwen hatten seit mehreren Tagen kein Jagdglück und sind hungrig. Sollten sie in Kürze keine Beute schlagen werden die Löwinnen ihre Jungtiere verlassen, was deren sicheren Hungertod bedeutet. Der Wildbestand im Hoarusib ist stark gestört, auch durch rücksichtslose Touristenfahrzeuge, die durch Fehlverhalten die Abläufe der Natur beeinträchtigen.

Wir dürfen den Forscher für kurze Zeit begleiten. Über Funk ortet er das Löwenmännchen in einem dichten Riedgebüsch. Die Spuren der beiden Löwinnen führen durchs Flussbett Richtung Westen, vermutlich um dort erneut ihr Jagdglück zu versuchen. Sie müssen ziemlich ausgehungert sein, da sie ihr Versteck bereits um die Mittagszeit verlassen haben. Die beiden Jungtiere bleiben in der Obhut des Löwenmännchens. Der engagierte Forscher muss sich verabschieden. Er hat es eilig die Löwinnen zu verfolgen und zu beobachten. Er weiß nicht ob er am späten Abend oder erst in einigen Tagen zurückkommen wird. Alles hängt von den Bewegungen der Löwinnen und deren Jagdglück ab. Wir folgen Flips Einladung und bauen in der Nähe von seinem Wildniscamp unsere Zelte auf und hoffen auf seine Rückkehr um mehr über die Ergebnisse seiner interessanten Arbeit zu erfahren. Leider wird nichts daraus. Die Wüstenlöwenforschung hält ihn tage- und nächtelang in der Wildnis beschäftigt.

Wir fahren nach Palmwag zum Save the Rhino Basiscamp und feiern den erfolgreichen Abschluss der 360 Kilometer langen Wüstenwanderung, bevor wir nach Windhoek heimkehren.

Vom Rand der Wüste grüssen             Uschi + Joe

Uschi Kirchner & Joe Walter
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