NAMIBIA
NAMIBIA
Im September ist
Frühlingsbeginn in Namibia, doch während unserer Tour vom 22.09. – 11.10.2008
sucht uns eine Kältewelle heim, die uns die Kragen unserer Vliesjacken noch
einmal über die Ohren ziehen lässt.
Lebensraum Sanddüne
In warme Jacken gehüllt,
spazieren wir vor Sonnenaufgang durch die Wunderwelt der roten Sanddünen.
Morgendliche Kühle beißt im Gesicht und die Augen tränen. Auf der vom Wind glatt
gefegten Sandoberfläche verraten frische Spuren die nächtlichen Bewegungen von
Antilopen, Wildkatzen, Goldmulle, Springmäusen, Eidechsen und Käfern. Besonders
achten wir auf die gewundenen Linien der Sandviper, Bitis peringueyi,
deren Lebensraum die Dünen der Namib ist. Vom Grat einer Düne aus betrachten
wir, wie die Linie zwischen Schatten und Sonnenlicht von den Gipfeln die
Berghänge hinunter gleitet, allmählich die Ebene überquert und diese in eine
goldene Flut verwandelt. Schlussendlich erreichen die Sonnenstrahlen uns und
erwärmen die starren Glieder angenehm. Tagsüber erkunden wir Dünensenken,
beobachten Wildtiere, pirschen uns an Eulen und kleinere Vögel heran oder
erklimmen Berge die herrliche Ausblicke in die Umgebung eröffnen. Auch Nichtstun
auf der Veranda wirkt wohltuend auf Körper und Geist. Die sonnigen Abendstunden
verbringen wir auf ähnlich genüssliche Weise bevor uns die Nacht einen klaren,
brillant glänzenden Sternenhimmel beschert. Gesättigt mit überwältigenden
Erlebnissen nehmen wir Abschied.
Atlantikküste nordwärts
Staubige Pisten führen uns
durch wild eingekerbte Schluchten von Gaub- und Kuiseb Canyon. Am Fuße der
Mirabib Granitkuppe entzünden wir ein Feuer, grillen ein monströses Texassteak
und verbringen eine klare, kalte Nacht.
Wüstenexkursion
Deutlich hebt sich das
gewaltige Brandbergmassiv aus der trockenen Ebene hervor, darüber leuchtet ein
tiefblauer Himmel ohne ein Wölkchen. Wir durchqueren die Zerrissenen Berge, den
Ugab und befahren enge Schluchten. Außergewöhnliches Gestein regt uns öfters zum
halten an. Versteinerte Bäume, geschichtete Sedimentablagerungen und Bergkämme
in verschiedenen Farbtönen animieren zum Fotografieren. Wir erklimmen eine
gewaltige Sandsteinformation und betrachten alte Wohnstätten und Steinabschläge
aus verschiedenen Materialien.
In
den Mikbergen, als wir gerade einen Schlafplatz aussuchen, eilt ein
pechschwarzer Skorpion, Parabuthus villosus, über die Felsplatten. Am
folgenden Tag unternimmt Joe mit Rosette und Fred eine Tageswanderung durch
einen besonders einsamen Teil der Mikberge mit Betrachtung von unzähligen, sehr
attraktiven Felsgravuren und –Zeichnungen. Inzwischen lenke ich den Land Rover
auf einem Umweg zum Huab Revier hinunter, fahre ein Stück oberhalb vom Ufer
entlang und biege in ein anderes Tal ein. Die Piste wechselt zwischen sandig und
steinig. Unterwegs bleibt mir ausreichend Zeit um die herrliche Landschaft und
großartige Aussichten zu betrachten. Am vereinbarten Treffpunkt, stelle ich die
Sonnenkollektoren auf und befestige ein Schattentuch seitlich am Land Rover,
denn sonst gibt es hier keinen Schatten. Nach einem einfachen Imbiss unternehme
ich Exkursionen zwischen den Felsbrocken am Berghang. Mit dem Feldstecher suche
ich das Gelände nach den drei Fußgängern ab, die schließlich am späten
Nachmittag eintreffen.
Wüstenelefanten zum Lunch
Eine unauffällige Piste
führt durch sandige Rinnen und anschließend einem Revierlauf folgend zum Huab
Trockenfluss hinab. Im Huab und Aba Huab suchen wir nach Fährten von
Wüstenelefanten. Doch erst später, ein Stück Huab abwärts spüren wir eine Gruppe
auf. Etwa zwanzig Tiere rupfen Futter in der Ufervegetation. Besonders kapitale
Elefanten strecken sich weit hoch ins Geäst von Anabäumen, Faidherbia albida,
und angeln mit ihren Rüsseln schmackhafte Ringelschoten. Als die Herde seitlich
abzieht stellen wir unseren Campingtisch mit dem Mittagessen im Schatten von
einem hohen Baum auf. Wir sind mit Essen anrichten beschäftigt, als überraschend
aus der entgegen gesetzten Richtung ein weiteres Dutzend Wüstenelefanten
schnurstracks auf uns zugeht. Wir machen uns erst zögernd dann lauter bemerkbar.
Doch unbeirrt bleiben die Elefanten auf ihrem Kurs. Wir verschaffen uns
deutlicher Gehör und Joe packt vorsichtshalber das Obst und andere Lebensmittel
vom Tisch in den Land Rover. Erst Joes lautes pochen gegen die Autotüre und mein
eindringliches Reden mit extra tiefer, tönender Stimme lässt die Elefanten
einige Meter vor unserem Esstisch abstoppen. Unsicher blicken sie zu uns, wedeln
einwenig mit den Ohren und schwingen die Vorderbeine unschlüssig hin und her
bevor sie gemächlich abziehen. Das war knapp und ungeheuer nah. Joe schreitet
zehn Schritte bis zu den Elefantenspuren ab. Etwa 100 Meter weiter beginnen die
Wüstenelefanten friedlich zu äsen und auch wir lassen uns das Mittagessen
schmecken.
Später treffen wir die
Elefanten bei der Rast unter schattigen Bäumen an. Einige haben sich zur Ruhe
niedergelegt und lassen sich nicht stören. In einem Bogen umfahren wir die Tiere
und steuern auf eine Bergkette zu. Auf grasigen Hängen betrachten wir Oryx und
Strauße vor der grandiosen Bergkulisse. Frische Elefantenspuren verlieren sich
in der Weite der Landschaft.
Mond und Venus sind unsere
Begleiter
Wir campieren dicht bei
einer altertümlichen Wohnstätte, einer Kaverne in einem Felskoloss, unterhalb
von großartigen Steilwänden aus Sandsteingebilden. Etliche Wolken bescheren uns
farbintensive Sonnenuntergangsstimmung. Eine feine Mondsichel und Venus
beherrschen den Abendhimmel über unserem Camp und verleihen ihm eine wohnliche
und vertraute Atmosphäre die Behaglichkeit ausstrahlt.
Kälteeinbruch
Auf
unserer Fahrt Richtung Westen bemerken wir am Himmel vereinzelte dunkle
Wolkenbänke aus denen am späteren Vormittag graue Regenfahnen zur Erde fallen.
Die Tropfen erreichen jedoch nicht den Boden sondern verdunsten auf halber
Strecke. In stundenlanger Fahrt auf bergigen Pisten erreichen wir das Springbock
Revier, wo wir nach Nashörnern Ausschau halten. Eisiger, heftiger Wind lässt uns
vor Kälte schlottern. In der Abenddämmerung suchen wir dringend nach einem
geschützten Plätzchen für die Nacht. Jedoch überall pfeift der Wind und es ist
scheußlich kalt. Uns bleibt keine andere Wahl als auf einer sandigen Fläche
neben der Uferkante unsere Zelte aufzustellen, die uns Schutz und Wärme bieten.
Prächtig beleuchten blutrote Wolkengebilde den Abendhimmel. Das Nachtessen
bereiten wir im Windschatten vom Land Rover zu und dann verziehen wir uns rasch
in die Schlafsäcke.
Spannende Pirsch
Frühmorgens fahren wir
langsam am Revier entlang. Zwischen Mopane Bäumen tauchen einige Giraffen auf
und ein Steinböckchen huscht durchs Unterholz. An einer natürlichen Wasserstelle
finden wir viele Tierspuren doch außer zahlreichen Vögeln treffen wir kein Wild
an. Die Fahrt geht weiter.
Jäh
sage ich zu Joe: "Stopp mal und fahr langsam ein paar Meter zurück". Ja, dort
ist es wieder, ein kleiner grauer Fleck im Dickicht. Ein Blick durchs Fernglas
bestätigt meine Vermutung – ein Nashorn! Wir stellen das Fahrzeug ab, prüfen den
Wind und pirschen zu Fuß vorsichtig näher. Das Tier ist verdeckt. Damit das
Rhinozeros uns nicht bemerkt, geht Joe alleine voran und wir anderen stellen uns
hinter ein Gestrüpp. Gespannt durchdringen unsere Blicke das Buschwerk und wir
beobachten Joe wie er langsam, jede Deckung nutzend, näher in die Richtung
schleicht wo wir das Nashorn vermuten. Joe gibt ein Zeichen, dass er das Nashorn
erblickt hat und kommt achtsam zurück. Er flüstert uns zu: "Es hat sich abgelegt
und ein ganz kleines Nashornbaby ist auch dabei“. Wir beraten tuschelnd ob wir
abwarten oder uns zurückziehen sollen. Es ist noch kühl und die Nashörner liegen
in der Sonne. Irgendwann werden sie Schatten aufsuchen. Auf keinen Fall dürfen
sie uns bemerken, denn Stresssituationen können Nashornkindern das Leben kosten.
Der Wind weht uns stetig entgegen und wir wollen eine halbe Stunde abwarten.
Unter der Blätterkrone von einem Mopane Bäumchen suchen wir Schutz vor der Sonne
und machen es uns so bequem wie möglich. Wir warten gespannt. Nichts rührt sich.
Plötzlich deutet Joe nach links. Dort durchs Gras streift, die Nase abwechselnd
in die Luft gestreckt und dann wieder nah am Boden, ein Honigdachs geradewegs
auf uns zu. Wenige Meter vor uns bleibt er abrupt stehen, schnüffelt ein wenig
und läuft eilig fort. Der Honigdachs ist auf Joes Fährte getroffen, hat ihn
gewittert und machte sich augenblicklich aus dem Staub. Joe entdeckt eine Zecke
am Boden. Sofort stehen wir auf und kontrollieren unsere Beine und die Kleidung.
Von meinem Hosenboden liest Joe ein knappes Dutzend dieser unangenehmen
Krabbeltierchen ab. Niemand wurde gebissen. Gerade wollen wir uns zurückziehen,
da steht die Nashornkuh auf. Wir bleiben in Deckung. Das Nashornbaby folgt
seiner Mutter. Die Beiden haben uns nicht bemerkt und bummeln gemächlich auf
eine Mopane Buschgruppe zu. Wir haben freie Sicht auf die Spitzmaulnashörner.
Die Kuh bleibt im Schatten stehen und das Kälbchen säugt bei seiner Mutter.
Anschließend legen sich Beide im Schatten nieder. Ein eindrucksvolles Erlebnis!
Unbemerkt erreichen wir den Land Rover und lassen die Nashörner in Frieden
ruhen. Ein Stück weiter können wir mehrere Giraffen beobachten, sowie
Bergzebras, Oryxantilopen und Springböcke.
Wir haben eine
Sondergenehmigung erhalten um bei Wereldsend ins Konzessionsgebiet zu fahren.
Beim Farmhaus lassen wir uns registrieren. In diesem Moment kreist das
einmotorige Flugzeug vom Save the Rhino Trust über der Buschpiste und setzt zur
Landung an. Bernd Brell ist auf Patrouillenflug und muss auftanken. Sogleich
melden wir die beiden Nashörner.
Wir folgen dem Achab Revier,
unternehmen eine Fußpirsch im Unjab mit Beobachtung einer sehr neugierigen
Giraffe und folgen dem Urunendis Revier nordwärts. Wir durchfahren Trockenflüsse
und überqueren weite, holprige Flächen mit spärlichem Bewuchs. Scharen
Namaflughühner hocken gut getarnt zwischen Wüstengestein. Luftspiegelungen
flimmern am Horizont. Ein Nashornwechsel windet sich durch die bare Ebene und
entschwindet in der Ferne.
Aufschlussreiche
Erkundungsfahrt
Joe folgt einer neuen uns
bisher unbekannten Fahrspur, die uns in fremde, interessante und großartige
Landstriche führt. Zuerst durchfahren wir raues, felsiges Gebiet, dann öffnet
sich die Landschaft. Auf weitläufigen mit Gras bewachsenen Flächen sichten wir
eine Menge Wildtiere. Die Ebene ist von gewaltigen Gebirgskämmen umgeben.
Unzählige tief eingeschnittene Reviere durchziehen das Gebiet. Steile Uferhänge
sowie Bergrücken müssen auf einer schwer sichtbaren Fahrspur, auf der kaum
wahrnehmbar die Spuren eines Unimog erkennbar sind, bewältigt werden. Äußerst
langsam kommen wir vorwärts, dabei zieht außergewöhnlich schöne Landschaft
vorbei. Häufig stoppen wir um zu fotografieren und um per GPS unsere Position zu
bestimmen. Gemäß Landkarte gibt es hier keine befahrbare Route und es ist auch
schwierig zu erraten wo unsere dünne Fahrspur hinführt. Die Sonne brennt heiß,
die Kältewelle ist vorüber. Am Spätnachmittag, nach stundenlanger Fahrt durch
außergewöhnlich interessantes Gebiet versperrt eine felsige Barriere den
Einschnitt zwischen zwei Berghängen. Hier ist der Unimog umgedreht, wie die
Abdrücke im grobkörnigen Sand erkennen lassen. Eine uralte, schwache Spur führt
geradewegs in die Felsen. Joe parkt den Land Rover. Zu Fuß erkunden wir
gemeinsam den Hang. "Seid ihr so was schon mal gefahren?“ kommt die Frage. "Ja,
Ähnliches“ lautet Joes knappe Antwort. Die heikle Etappe ist gut hundertfünfzig
Meter lang bis man den Sattel erreicht. Auf der anderen Seite führt die Spur
moderat bergab. Auf dem Rückweg prüfen wir noch einmal die besonders schlimmen
Passagen. "Wenn wir einige Felsstufen mit Steinplatten unterlegen und ausfüllen,
sollte es gehen.“ meint Joe. Also, ran an die Arbeit zum Klippen schleppen.
"Autsch, dass ist heiß“. Die Steine sind so stark von der Sonne erhitzt, dass
man sie nicht anfassen kann. Ein paar Arbeitshandschuhe helfen. Der Schweiß
tropft ordentlich beim Steine schleppen, doch nach und nach entschärfen wir die
ärgsten Unebenheiten bis Joe zufrieden nickt. Er will die Auffahrt wagen, die
eine gewaltige Herausforderung darstellt und enorme Konzentration und Fahrkönnen
erfordert. Im kleinsten Gang fährt Joe langsam an. Ich laufe voraus und
beobachte ob die Reifen richtig greifen und halte kantige Felsecken im Auge. Ich
gebe Zeichen und lotse Joe ein wenig nach rechts, winke ab wo’s nicht geht und
zeige mit den Fingern wie viel Abstand zwischen Land Rover und Felsen noch ist.
Das sind oft nur wenige Millimeter. So navigiert Joe Felsabsatz um Felsabsatz
bis der Ländy ohne Kratzer oben ankommt. Geschafft, stellen wir erleichtert fest
und hoffentlich kommen nicht noch mehr solcher Hindernisse. Doch die Weiterfahrt
gestaltet sich problemlos und beschert uns weitere landschaftliche und
geologische Höhepunkte.
Am Mittag des folgenden
Tages passieren wir ein Herero Gehöft und eine Ziegenherde. Wir durchqueren
dichten Busch und das ausgewaschene Hoanib Flussbett und erreichen eine bekannte
Schotterpiste. Schade, denn hier ist die wohltuende Einsamkeit zu ende.
Zahlreiche Hirtenhütten, Rinder, Esel, Schafe und Ziegen säumen die Strecke.
Nach zügiger Fahrt erreichen wir Sesfontein und Warmquelle. Wir entscheiden uns
für die Route durch die Khowarib Schlucht. Auf dem Grund der Schlucht fließt
streckenweise Wasser welches von hellgrüner Vegetation umrandet ist. Das klare,
warme Wasser lädt zum Baden ein. Und weiter führt die Fahrt vorbei an
großartigen Felsformationen, durch sandige Reviere, über staubige Abschnitte und
durch Mopanewald.
Nur noch eine Übernachtung
in der Wildnis sowie eine weitere in einem privaten Zeltcamp trennen uns von
Windhoek und dem Ende der Reise. Inzwischen ist der Frühling eingekehrt und
überall am Wegesrand blühen goldgelb und duftend die Akazien.
Bis zum
nächsten Erlebnisbericht grüssen Uschi
+ Joe |